1859 -
Lübeck
: Rohden
- Autor: Rohden, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Evangelisches Gymnasium, Realschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
Xxii. §. 9. Gleichzei'ticje Schwächung Frankreichs und des Papstthums.
auf dem Thron von Frankreich gefolgt war, selber gefangen und nach
London geführt. Neben diesem verheerenden Krieg ward das Land
noch von furchtbaren inneren Kämpfen zerrissen durch den damals schon
beginnenden Widerstreit der von den letzten Königen bevorzugten
Städter und des Landvolks gegen den Adel und oft auch gegen den
König selbst. Zwar gelang es der Weisheit des nun folgenden Kö-
nigs Karl V. (1364—80), die Parteien niederzuhalten und durch
kluge Benutzung der Umstände das französische Gebiet fast ganz wie-
der von den Engländern zu reinigen. Allein kaum hatte er die
Augen geschlossen, so begann der wüthende Parteienkampf, dazu die
Fehde einzelner Großen unter einander, das Zerwürsniß zwischen dem
Hause Burgund und Orleans und endlich auch der englische Krieg
auf's Neue. Wiederum erlitt die französische Ritterschaft eine mörde-
rische Niederlage in der Schlacht bei Azincourt 1415. Mehr als
8000 Edelleute sollen da geblieben sein. Der englische König Hein-
rich V. zog triumphirend und freudig empfangen als König von
Frankreich in Paris ein, während der französische König Karl Vi.
krank und wahnsinnig mit den elenden Resten des Heeres hinter die
Loire zurückwich. Berrath, Bürgerkrieg, Mord und blutige Greuel
aller Art hörten während dessen im französischen Volk nicht auf, we-
der unter den Prinzen und Adligen, noch unter den Städtern und
Bauern. Es schien sich Alles aufzulösen und Frankreich seinem Un-
tergang entgegenzugehen, da (1429) trat jene wunderbare Erscheinung
hervor, das für seinen König und Vaterland begeisterte Mädchen
aus dem Volke, die Jeanne d'arc, gewöhnlich Jungfrau von Or-
leans genannt, die, von einer himmlischen Aufforderung wie sie meinte
getrieben, die zersprengten und muthlosen Sckaaren der Franzosen
wieder zum Siege führte, neues Vertrauen, neue Gottesfurcht, neue
Sittenzucht, neue Liebe zum Könige (es war damals Karl Vh.,
1422—61) bei ihren Landsleuten zu erwecken suchte, und wirklich die
Befreiung Frankreichs von den Engländern begann, die dann in wei-
teren langwierigen Kämpfen (bis 1453) vollendet wurde. So war
also Frankreich lange Zeit gelähmt und unfähig gemacht, in die An-
gelegenheiten der Nachbarstaaten einzugreifen. Kaum hatte es begon-
nen, seiner innersten Natur folgend, fremde Fürsten und Völker zu
vergewaltigen, so bekam es selber zu schmecken, was es heißt, unter
dem Joch eines fremden Volkes zu liegen. Kaum hatte es begon-
nen, das Christenthum als eine Nebensache in der Staatsregierung
bei Seite zu thun, die alten heiligen Stützen der Lehensherrschaft zu
zerbrechen und die unreife Volksmasse zu vorschneller Mündigkeit zu