1859 -
Lübeck
: Rohden
- Autor: Rohden, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Evangelisches Gymnasium, Realschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
500 Xxiii. §. 7. Bekenritniß und Bündniß der Evangelischen.
zertreten; ihnen ist nur wohl unter den Ruinen zerstörter Herrlichkeit,
sie gedeihen nur in verwüsteten, zu Grunde gerichteten Ländern. Und
diese Unholde hatten angefangen, auch unser deutsches Vaterland zu
bedrohen. Schon war Ungarn ihre Beute geworden. Auf dem
Schlachtfelde von Mohacz hatte der letzte König aus Dem Stamm der
Jagellonen (1526) fein Leben verloren. In Ofen hatte der stolze
Sultan Soliman eine Zeitlang seinen Sitz genommen; den ehrgeizi-
gen und gewissenlosen Johann Zapolpa, den Fürsten von Sieben-
bürgen, hatte er zu seinem Vertreter und Statthalter in Ungarn ein-
gesetzt. Da nun aber König Ferdinand sich die ungarische Krone
auf's Haupt zu setzen wagte, brach der zürnende Großherr mit
seinen Hunderttausenden wieder hervor aus seiner Hauptstadt, über-
schwemmte und verwüstete Ungarn unv lagerte sich im Herbst 1529
vor Wien. Da gerieth das ganze deutsche Volk in Schrecken. Die
Protestanten, obgleich sie eben erst auf dem Reichstag zu Speier vom
König Ferdinand und seinen Rathen so ungnädig behandelt und aus
dem Friedeil des Reichs ausgeschlossen waren, vereinigten ihre Fähnlein
und ihr Geschütz mit den Katholischen, um die „fremden Teufel" die
Donau hinunterzujagen. Und schon hatten die Janitscharen vor Wien's
Mauern den Muth verloren. Wie oft hatten sie gestürmt und waren
immer mit schwerem Verlust zurückgeworfen. Soliman sah, daß ihm
hier seine Grenze gesetzt sei, und wich zurück. Aber schon 1532 be-
wegte er sich mit größeren Heeresmassen abermals gegen die deutschen
Grenzen. Kurz vorher war, wie wir wissen, der Reichstag zu Augs-
burg gehalten, der sch m alkald i sch e Bund geschlossen; das deutsche
Reich war in einer schweren Spaltung begriffen. Soliman hatte
darauf gerechnet, die Deutschen wider einander zu Felde liegend zu
finden; er meinte, dies Mal würde kaum ein Grenzhüter da sein, ihm
Widerstand zu leisten. Wie hatte er sich verrechnet! Daö größte und
schönste Heer, welches Deutschland seit geraumen Jahren aufgebracht,
stand ihm gegenüber. Er wagte nicht es anzugreifen. Nach wenigen
Versuchen, in Steiermark einzudringen, um dort zu plündern, hatte er
sich entschlossen, zurückzugehen, ohne auch nur das Mindeste von seinen
großen Entwürfen in's Werk gesetzt zu haben. Woher nun diese Kraft
und Einigkeit der Deutschen? Nicht durch die Nachgiebigkeit der katho-
lischen Fürsten; die wollten wenigstens das gerichtliche Verfahren gegen die
Protestanten durchaus beibehalten wissen, mochte auch das Reich dar-
über zu Trümmern gehen. Es war vielmehr die Besonnenheit des Kai-
sers, welcher auch den Unwillen der katholischen Fürsten nicht scheute, als
die Noth de§ Augenblicks eine größere Nachgiebigkeit gegen die Prote-
stanten forderte, und es war die Vaterlandsliebe der Protestanten, die
nach Luther's ernster und begeisterter Aufforderung sich wie Ein Mann
gegen die Türken aufmachten, ohne mit berechnender Klugheit die schwie-
rige Lage des Kaisers und seines Bruders zu benutzen, um mehr als
Sicherheit, Ruhe und Frieden von ihnen zu begehren. Sie waren zu-
frieden, wenn sie geduldet wurden.