1859 -
Lübeck
: Rohden
- Autor: Rohden, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Evangelisches Gymnasium, Realschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
Xxiii. §. 12. Krieg wider die Protestanten. 511
fang 1543 öffentlich zur evangelischen Lehre übertrat. Wir wundern
uns billig, daß die schmalkaldischen Bundesgenossen nicht darauf ein-
gehen, daß sie ruhig zusehen, wie der Kaiser den cleveschen Herzog be-
kriegt und ihn zwingt, in dem Landestheil, den er ihm noch läßt, die
katholischen Zustände wieder herzustellen. Das lag einmal an einem
sittlichen Fehltritt, den einer der Häupter des Bundes, der Landgraf
Philipp, sich hatte zu Schulden kommen lassen, und dessen Folgen ihn
vollständig in die Hände des Kaisers liefern konnten. Er mußte suchen,
sich die Gunst des Kaisers zu erhalten, und versprach ihm deshalb, kei-
nen Fürsten, der feindliche Absichten gegen den Kaiser habe, in das
schmalkaldische Bündniß aufnehmen zu lassen. Sodann hatte der cle-
vesche Herzog selber alle Achtung bei den deutschen Fürsten eingebüßt
durch sein Bündniß mit Frankreich, mit dem französischen König, der
türkisch geworden, und den man strafen müsse, „'Damit jeder andere
Monarch sich ähnlicher unchristlicher Handlungen enthalte." Denn ganz
allgemein war in Deutschland die Entrüstung über das französisch-tür-
kische Bündniß, über die Vereinigung der beiden Flotten im Mittelmeer,
über den gemeinsamen Angriff auf Genua. Da nun der Kaiser auf
dem Reichstag zu Speier (1544) die Deutschen aufforderte, ihm nach
beiden Seiten hin Hülfe zu leisten, und dabei bemerkte, daß der An-
griff zuerst gegen Frankreich gerichtet sein müsse, darnach gegen die Os-
manen, so waren alle deutschen Fürsten einmüthig mit dem größten Eifer
bereit, und hielten es für ein eben so gottgefälliges Werk, gegen die
Franzosen, wie gegen die Türken zu ziehen. Auch die Protestanten
stimmten mit Freuden zu. Der Kaiser hatte sich ihnen so freundlich und
gnädig erwiesen, wie noch nie zuvor. Sie wußten, daß er mit dem Papst,
dem Franzosenfreund, eben jetzt in sehr gespannten Verhältnissen lebe.
Da fingen Manche schon an zu hoffen, daß es mit der Papstherrschaft
bald aus sein, und daß sie, die Protestanten, noch die Freude haben
würden, hinter ihrem eignen Kaiser her Rom abermals zu erobern und
den Papst von seinem Thron zu stürzen. Der Kaiser schien auf solche
Hoffnungen einzugehen. Schon ließ er sich verlauten, daß man des
Papstes nicht benöthigt sei, um ein freies deutsches Concilium zu hal-
ten und die Irrungen in Glaubenssachen zum Austrag zu bringen.
So ließen die Evangelischen sich ködern. Sie nahmen die freundliche
Miene und die gnädigen Versprechungen des Kaisers für eine geheime
Hinneigung des Herzens zum evangelischen Glauben, sie halfen ihm
seine gewaltigsten Feinde zu Boden strecken, sie machten ihn mächtiger
und größer, als er je gewesen, und — schon im Frieden zu Crespy
verbündete sich der Kaiser mit dem besiegten König Franz zur Wie-
derherstellung der katholischen Glaubenseinheit.
tz. 12. Krieg wider die Protestanten.
Was bewegte den Kaiser, der noch im Frühjahr 1544 so über-
aus freundlich gegen die Protestanten sich erwiesen hatte, im Herbst
1546 sie anzugreifen? Es war einmal das immer gewaltigere, fast
erschreckende Umsichgreifen des Protestantismus auch in den Gebieten