1859 -
Lübeck
: Rohden
- Autor: Rohden, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Evangelisches Gymnasium, Realschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
538 Xxiv. §. 6. Philipp n. und die Guisen in Frankreich.
Hause Valois in Frankreich vielfach verschwägert und beherrschten
während der kurzen Regierung Franz Ii. (1559—60) ganz Frank-
reich. Nun waren aber diese guisischen Prinzen, die Brüder Franz
und Karl Gui se, die entschiedensten Vorkämpfer des Katholicismus.
Die Verfolgungen, welche sie über die evangelisch Gesinnten — man
nannte sie in Frankreich Hugenotten — ergehen ließen, waren so
grausam, so übermüthig, so schonungslos, daß ganz Frankreich von
Abscheu und Widerwillen gegen das guisische Regiment ergriffen
wurde. Man fand es unerträglich, daß diese fremden Prinzen alle
Gewalt im Lande an sich rissen, während die einheimische, dem Hause
Valoiö nahe verwandte Linie Bourbon zurückstehen mußte. Als
daher der kränkliche achtzehnjährige König Franz Ii. starb und sein
zehnjähriger Bruder Karl Ix. eine neue vormundschaftliche Regierung
nöthig machte, so sahen sich die Guisen alsbald aus ihren hohen
Aemtern verdrängt, und die Bourbons begannen in Gemeinschaft
mit der Königin Katharina die höchste Gewalt zu üben. Die
bourbonischen Prinzen aber neigten sämmtlich zum Protestantis-
mus, waren zum Theil entschiedene Protestanten. Ihre Führer Anton
von Navarra und Conde brachten durch eine Art Vertrag ein
Edict zu Stande (zu St. Germain 1562), welches den Protestanten
wenigstens Duldung und eine beschränkte Religionsfreiheit gestattete.
Aber von diesem Augenblick begannen die Kämpfe *), begann ein Um-
schwung, der das innerste Wesen der reformirten Kirche Frankreichs
berührte. Aus dem Kampf zwischen den beiden Kirchen wurde ein
Kampf der beiden politischen Parteien, aus dem duldenden Widerstand
der Protestanten gegen die grausamen Verfolgungen der Katholiken
ward ein zuchtloser Parteikampf der Bourbonen gegen die Guisen,
ward ein Bürgerkrieg, der 15, der 30 Jahre hindurch Frankreich zer-
fleischt hat, der alle wilden Leidenschaften, Ungerechtigkeit, Haß, Rache,
Blutdurst, Verachtung der Obrigkeit, Vernichtung aller heiligen Bande
der Natur und des Vaterlandes hervorgerufen und dem französischen
Protestantismus jenen Charakter von Wildheit und abenteuerlicher
Waghalsigkeit beigemischt hat, der erst in dem furchtbaren Schmelz-
seuer neuer schrecklicher Bedrückungen wieder gereinigt und geweiht
*) Der Anlaß zu den französischen Religionö- und Bürgerkriegen war dieser.
Kanin war das Edict von St. Gerniaiu gegeben, so schwuren die Guisen und
ihr Anhang, daß sie es nimmer würden zur Geltung kommen lassen. Bei
der ersten Gelegenheit, da sie eine protestantische Gemeinde ihren Gottes-
dienst halten sahen, richteten sie ein Blutbad unter den Kirchengängern an.
Da brach der Bürgerkrieg aus.