1859 -
Lübeck
: Rohden
- Autor: Rohden, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Evangelisches Gymnasium, Realschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
Xxiv. §. 6. Philipp Ii. und die Guisen in Frankreich. 539
werden mußte. Das viele in den unglücklichen Schlachten vergossene Blut
der Protestanten, die Blutströme der entsetzlichen Bartholomäusnacht,
1572, wo mehr als 100,000 durch den Fanatismus des Pöbels und aus
Befehl der Regierung sollen getödtet sein, ist keineswegs geradezu als
Märtyrerblut zu bezeichnen. Es ist für politische Zwecke eben so-
wohl und mehr noch vergossen als für die evangelische Wahrheit.
Auch haben die Protestanten nur durch politische Aenderungen endlich
eine zeitweise ruhigere Existenz erlangt, nicht durch die Energie ihres
Glaubens.
Die Jesuiten, die sich etwa seit 1563 in Frankreich fest-
setzten, konnten sich schon 1580 rühmen, die Zahl der Hugenotten habe
um 70 Procent abgenommen, die Hauptstadt, die bedeutendsten Städte,
das gemeine Volk sei wieder ganz katholisch. Wäre es so fortgegan-
gen, wäre Gewalt und Schlauheit noch weiter in gleichem Maße
gegen die Protestanten angewendet, sie hätten in Frankreich schwerlich
je ein Edict von Nantes erlangt. Aber die Guisen verbanden sich
mit dem ausländischen König, mit Philipp Ii., der in allen Maß-
regeln gegen die Katholiken in Frankreich seine Hand gehabt, und
das sollte zum Verderben der Guisen, zur Rettung der Hugenotten
ausschlagen. Indem nämlich die ersteren mit Philipp Ii. einen
Bund schlossen, der eben sowohl gegen den König Heinrich Iii.
(1574—80) und das absterbende Haus Valois, als gegen die Pro-
testanten und das Haus Bourbon gerichtet war, zwangen sie den ka-
tholischen König Heinrich Iii., sich in die Arme des protestantischen
Prinzen H ein rich von Navarra zu werfen. Als darauf Heinrich Ui.
ermordet wurde und somit das Haus Bourbon mit eben diesem
protestantischen Heinrich Iv. von Navarra auf den Thron kam, konnte
dieser nicht bloß auf die Unterstützung der Hugenotten, sondern auch
aller katholischen Franzosen zählen, die sich den Anmaßungen der
Guisen und der Uebermacht Philipp's 1!. entgegenzustemmen such-
ten. Endlich thatheinrich Iv. selber den letzten Schritt und wurde
katholisch, sorgte aber doch für die Sicherstellung seiner ehemaligen
Glaubensgenossen durch das Edict von Nantes (1598), welches ihnen
etwa 100 Jahre lang wenigstens eine kümmerliche Existenz in Frank-
reich gewährt hat.
So jammervoll und niederschlagend auch die Geschickte der Gegen-
reformation in Deutschland für uns ist, so fühlt man sich doch erleich-
tert, wenn man von dem Ueberblick der französischen Religionskriege
sich wieder zu den deutschen Zuständen zurückwenden kann. Es ist
gar nicht zu sagen, welch ein Gewebe von Treulosigkeit, Rohheit, La-