1859 -
Lübeck
: Rohden
- Autor: Rohden, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Evangelisches Gymnasium, Realschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
5(36“ Xxv. §. 3. Die französische Uebermacht und der Materialismus-
begann, daß er zu gleicher Zeit die Stützen der Throne, die bür-
gerlichen Ordnungen umstieß und die Grundlagen des Chriften-
thums, die Wahrheit der heiligen Schrift in Zweifel stellte. An dem
sittlichen Ernst der großen Mehrzahl der englischen Nation scheiterten
seine Künste zum Theil. In einem neuen begeisterten Aufschwung gläu-
biger Hingabe und strenger Sittenzucht erhoben sie sich bald auf's Neue
zum Bewußtsein ihrer missionarischen Bestimmung nach innen und nach
außen, besonders durch die großen Gründer des Methodismus ange-
regt, Wesley und White fiel d. Aber kein Baum fällt aus den ersten
Hieb. Die höllische Saat, die in England nicht aufgehen wollte, sollte
bald in einem andern Lande ihre greulichen Früchte bringen, und Abfall
vom Christenthum und Staatsumstürzung Hand in Hand unabwendbar
herbeikommen und ein Land nach dem andern mit Todesschatten über-
ziehen.
§. 3. Die französische Uebermacht und der Materia-
lismus.
Die ganze zweite Hälfte des 17. und auch noch der Anfang des
vorigen Jahrhunderts wird als die Epoche Ludwig's Xiv. bezeich-
net. In der That war dieser Enkel Heinrich's Iv. (1643—1715)
der politische Mittelpunkt jener ganzen Zeit und nicht bloß der poli-
tische. Es war ein Mensch zum Herrscher geboren, voll eines solchen
Kraftgefühls, Selbstvertrauens, Siegesgewißheit, Ehrgeiz und Selbst-
vergötterung, daß es mit zu seiner Natur zu gehören schien, alle Welt zu
seinen Füßen zu sehen. Wie hat er die unruhigen, aussätzigen, freiheit-
stolzen Franzosen so zahm gemacht. Was in dieser Hinsicht der eiserne
Arm R i ch e l i e u' ö (Minister Ludwig's Xiii.; vgl. 558) begonnen hatte,
das hat Ludwig Xiv. vollendet. Wo waren sie nun alle diese trotzi-
gen Gestalten, di,e selbstherrischen Prinzen, Grafen und Barone, die
von ihren Schlössern, von ihren Gouvernements aus, die königliche
Regierung unablässig in Athem hielten, welche eigne Heere in's Feld
stellten, wohl gar eigne Münzen schlugen, unter einander und mit
Fremden Bündnisse schlossen und den König zu nachgiebigen Unter-
handlungen zwangen? Wo waren jene unbeugsamen Parlamente,
jene leicht entzündeten Stadtgemeinden, die unaufhörlich gährende
Bevölkerung der Stadt Paris, die noch während Ludwig's Xiv.
Minderjährigkeit seiner Mutter, der Regentin, und ihrem Minister Ma-
zarini so unendlich viel zu schaffen gemacht hatten? In unterwür-
figstem Gehorsam, wie wedelnde und leckende Hündlein schmiegten sie
sich zu den Füßen des übermüthigen Monarchen, und wenn je ein-
mal eins oder das andere es wagen wollte, die Zähne zu blecken, so
genügte ein zorniges Drohen, ein „Schlag mit der Reitpeitsche", um