1859 -
Lübeck
: Rohden
- Autor: Rohden, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Evangelisches Gymnasium, Realschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
Xxv. §. 8. Napoleon, die Geißel Gottes über die Welt. 601
publik zurecht, etwas spater kam noch die römische und parthenopäi-
sche Republik (Neapel) dazu, weiter die helvetische Republik (Schweiz),
und früher schon war die batavische Republik (Holland) fertig gebracht.
Venedig schenkte er an Oestreich, handelte mit Provinzen und König-
reichen, als wären es Gartenbeete in seinem Lustgarten, und that, was
ihm einfiel, ohne sich um die Befehle des Directoriumö in Paris viel
zu kümmern. Dabei wurden ohne Unterlaß Millionen über Millionen
erpreßt, Kunstwerke und Denkwürdigkeiten weggeraubt, regierende Für-
sten wie elende Bedienten behandelt und die schreiendsten Gewaltthä-
tigkeiten mit der lügenhaftesten Frechheit als wahre Wohlthaten für
die Völker gepriesen. — Jndeß der Krieg war aus, und obgleich Ra-
ft oleo n's Ruhm schon damals in Jedermanns Munde war, und er
auch mit dem Gedanken nach Paris ging, gleich selber die Zügel der
Regierung an sich zu reißen, so sah er doch schnell ein, daß er jetzt
noch nicht im Stande sein werde, das Directorium zu stürzen. Er
mußte seine Armee noch völliger zu seinem willenlosen Werkzeug
machen und mußte seinen Ruhm noch viel strahlender, seine Gegner
noch viel ohnmächtiger machen. Also Krieg, Krieg mußte er haben,
und zwar einen möglichst außerordentlichen, abenteuerlichen, noch nicht
dagewesenen, der die leicht entzündliche Einbildungskraft der Franzo-
sen in begeisterten Taumel versetzen könnte. Daruin ging er 1798
nach Aegypten, belog und betrog die Mamelucken, wie er die Chri-
sten zu belügen gewohnt war, durch hochtönende Redensarten, stem-
pelte sich selbst zum Mohamedaner, siegte bei den Pyramiden und wollte
Palästina erobern. Er merkte aber bald, daß hier der Ruhm nicht so
wohlfeil sei, wie in Europa, und daß er durch seine weite Entfernung
vom Hauptschauplatz der Begebenheiten sich selbst nur Schaden brächte.
Dazu erfuhr er, daß jetzt auch in Paris „die Birne reif sei", daß
die Directorialregierung unhaltbar geworden, daß Oestreich im Bunde
mit Rußland von Neuem feindlich gegen Frankreich aufgetreten, daß
die Franzosen, überall geschlagen, Italien wieder hätten räumen müs-
sen. Da entschloß er sich kurz, ließ seinheer in Aegypten und kehrte
mit wenig Getreuen nach Paris zurück 1799, stürzte das Directorium,
ließ sich selbst zum Cónsul ausrufen und begann nun Frankreich mit solch
despotischer Willkür, mit solch eiserner Soldatenfaust zu beherrschen, wie
selbst kein Ludwig Xiv. es gewagt hätte. Und die Franzosen, die,
Pariser? Sie ließen sich Alles gefallen, sie jauchzten dem neuen Cón-
sul zu. Denn einmal — sie waren durch die letzten zehn Jahre po-
litisch so auögemergelt, so kraftlos und unfähig geworden, daß es ihnen
selbst für den Augenblick als die größte Wohlthat erschien, von einer