1859 -
Lübeck
: Rohden
- Autor: Rohden, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Evangelisches Gymnasium, Realschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
Xxv. §. 8. Napoleon und die Päpste.
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Landschaften des Papstes in Italien wurden ihm von dem übermüthigen
Herrscher vorenthalten, und in Frankreich verfuhr er trotz Concordar
und aller Versprechungen nun vollends, als ob kein Papst und keine
Kirche in der Welt wäre. Er richtete die Schulen wieder ein, die
in der Revolutionszeit gänzlich verfallen und aufgelöst waren, aber er
machte sie zu rein politischen, man könnte sagen, zu rein militärischen
Anstalten, in denen die Kinder zwar zu wohlgeschulten Staatsbürgern,
zu wohlvorbereiteten Kriegsleuten herangebildet wurden, aber fern
blieben nicht bloß von aller geistlichen, sondern von jeder höher» gei-
stigen Bildung und Anregung überhaupt. Von Wissenschaft, außer so
weit sie zum Kriegswesen gehört, von Kunst und tieferem Studium,
war eigentlich gar nicht die Rede. Das Christenthum ward als Ne-
bensache verachtet, der Kirche, von der doch früher alle Schulen aus-
gegangen waren, ward gar kein Einfluß mehr gestattet, die Jugend
ward absichtlich angeleitet, sich um die Kirche so wenig als möglich zu
bekümmern. Ein Katechismus ward eingeführt, worin gelehrt wurde,
Napoleon als rechtinäßigen Kaiser verehren, das sei der rechte Got-
tesdienst. Weiter. Die Kirche verlangte die Wiederherstellung der
Klöster, der Orden. Napoleon wies das weit von sich. Was
sollten ihm Mönche? Die konnte er ja nicht zu Soldaten machen. Die
Kirche verlangte ihren alten Einfluß wieder in den Gerichten, in der
Gesetzgebung. Napoleon ließ ein neues Gesetzbuch anfertigen,
welches noch immer als die Summe gesetzgeberischer Weisheit gepriesen
wird. Aber von Gott, von Christenthum, von Kirche weiß das na-
poleonische Gesetzbuch so gut wie gar nichts, die Christenheit ist für
dasselbe eigentlich gar nicht da, sondern nur ein Haufe von Staatsbür-
gern, die regiert werden sollen; aus dem Boden einer völligen Unkirch-
lichkeit, ja Religionslosigkeit ist es hervorgewachsen, alle heiligen Be-
ziehungen liegen ihm fern, die heilige Ordnung der Ehe, welche von
den Katholiken als Sacrament verehrt wird, faßt es als einen gemein-
bürgerlichen Vertrag, der vor obrigkeitlichen Personen abgeschlossen wird.
Der Papst hoffte bei alle dem noch immer das Beste. Er
meinte, durch persönliche Vorstellungen, durch freundliche Bitten und
Belehrungen ließe sich bei Napoleon etwas erreichen. Wie wenig
kannte er diesen Menschen ohne Herz, ohne Gemüth, ohne Gefühl, ohne
Gewissen, bei dem nie etwas Anderes als der kalte, lauernde, berech-
nende Verstand in Thätigkeit war, und der hinter aller seiner Schau-
spielerei, hinter allen süßen Locktönen schmeichlerischer Verheißungen
doch immer nur den einen Abgott, das nackte, kahle Selbst zu ehren
und zu heben gemeint war. Durch die gleißnerischen Versprechungen
des Gewalthabers, durch seine eignen gutmüthigen Hoffnungen, für das
Wohl der Kirche etwas wirken zu können, ließ sich Pius Vii. (1804)
verleiten, selber nach Paris zu reisen, um den neu eingesetzten Kaiser
feierlichst zu krönen und zu salben. Aber wie bitter sah er sich ge-
täuscht. Welche schmerzliche Demüthigungen mußte er von diesem rück-
sichtslosen Anmaßer hinnehmen. Die persönlichen Kränkungen hätte
er wohl noch gern ertragen, aber daß er zum Wohl der Kirche nichts,
auch gar nichts erreichen konnte, auch in diesem Augenblick nicht, da er