1859 -
Lübeck
: Rohden
- Autor: Rohden, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Evangelisches Gymnasium, Realschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
Xxv. §. 9. Deutschlands Elend, Schmach und Knechtschaft. 615
die im Frieden zu Basel so ausdrücklich betont worden war, wurde
1803 durch Napoleon auf's Schmählichste verletzt. Er hatte den Krieg mit
England erneuert und nahm (wie schon S. 603 erzählt ist) ohne Weite-
res Hannover weg. Jetzt wenigstens hätte der König von Preu-
ßen eingreifen sollen. Er that es nicht. Oestreich, welches sich zu neuem
Kampf gegen den Unersättlichen 1805 mit England verband, Ruß-
land, welches dem Bündniß beitrat, drangen auf's Neue in ihn, jetzt,
da der letzte Augenblick vorhanden sei, auszustehen mit seinem Volk
und sich den Verbündeten anzuschließen. Er that es nicht, er wollte
auch jetzt noch neutral bleiben, ja er setzte sich gegen Rußland in
wehrhafte Verfassung, als Rußland Miene machte, durch Preußen nach
Hannover zu ziehen. Napoleon, in übermüthiger Verhöhnung der-
preußischen Unklugheit und Schwäche, glaubte jetzt vollends die Maske
abnehmen zu können. Um den Oestreichern, die in Bayern und Würt-
temberg standen, von der Seite und in den Rücken zu kommen, ließ er seine
Truppen aus Hannover querdurch preußisches Gebiet nach Bayern ziehen.
Er erreichte dadurch wirklich seinen Zweck, sprengte das östreichische
Heer unter seinem verwirrten Anführer Mack völlig auseinander, und
stand im Umsehen mit seiner ganzen Macht vor Wien. Nun jetzt,
jetzt also wird sich Preußen ausmachen. Der vollgültigste Grund zum
Kriege ist vorhanden, ja es kann und darf nicht anders, wenn es sich
nicht stillschweigend aus der Reihe der großen europäischen Mächte
will ausstreichen lassen. Das ganze Volk, vor Allem die Armee ruft
laut nach Krieg wider den allgemeinen Verderber, die Prinzen des
königlichen Hauses, die hochherzige Königin an der Spitze, wünschen
Nichts sehnlicher, als für Deutschland und Oestreich in den Riß zu
treten, und wirklich, der König giebt nach, er schickt einen Abgeordne-
ten in's kaiserliche Hauptquartier, der Genugthuung fordern oder den
Krieg erklären soll. Aber dieser Abgeordnete war selber ein heim-
licher Franzosenfreund, ein schwacher, leicht einzuschüchternder Mann.
Napoleon läßt ihn warten, bis er seine große Dreikaiserschlacht bei
Austerlitz gewonnen (2. December 1805) und Kaiser Franz zum
Frieden sich neigt, dann dringt er ihm ein neues Bündniß auf, und
da der Gesandte zurückkommt, sieht Preußen, das eben im Begriff war,
gegen Frankreich zu marschiren, sich plötzlich wieder in einen Freund
und Bundesgenossen Frankreichs verwandelt, ja es muß sich herbei-
lassen, das schmachvoll geraubte Hannover als ein Geschenk von
Frankreich anzunehmen.
Damit war aber Preußens Unheil gesprochen. Es hatte sich geistig
selbervernichtet. Sofort trat das Gericht auch äußerlich in die Erscheinung.