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1. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 632

1859 - Lübeck : Rohden
632 Xxv. §. 10. Deutschlands sittliche und politische Wiedergeburt. zu siegen oder mit Ehren unterzugehen. Um die Kraft und Tiefe dieser Selbstverleugnung völlig zu verstehen, muß man sich erzählen lassen von diesen tapferen, treuen Burschen in der Landmehr oder unter den Freiwilligen, wie sie im Felde nur eine große engverbundene Familie bildeten und die Hauptleute die Väter ihrer Untergebenen waren, wie sie, weit entfernt von tollköpfiger Schwärmerei und überbrausendem Jugendmuth, vielmehr in ernster Sammlung, todesmuthig aber still er- geben, zur Schlacht begeistert, aber in pünktlichster Ordnung und Un- terwerfung unter die Befehle der Oberen fest zusammenhielten. Wahr- lich es wollte etwas sagen, unter den furchtbaren täglichen Anstren- gungen, bei immerwährendem Mangel an Nahrung und Kleidung, unter Regenströmen oder in grinuner Kälte mit dem Feind zu schlagen, oder die Winternächte unbedeckt und obdachlos auf kalter, fremder Erde durchzuwachen. Und dennoch kein Murren, keine Unzufriedenheit, ge- schweige denn Saumseligkeit und Ausreißerei — das ganze Heer stets heiter und zufrieden, Alle ein Herz und eine Seele, die Zeltcameraden wie Brüder, die Officiere wie väterliche Freunde, die Prinzen des kö- niglichen Hauses freudig jede Anstrengung, jedes Ungemach mit ihrem Heere theilend. Da war kein wildes Geschrei, kein rohes Lärmen und Singen abgeschmackter und schmutziger Lieder, da war keine Unzucht und keine Berauschung unter der edlen Freiwilligenschaar, sondern ein Geist der Zucht und der Mäßigung ging durch das ganze Heer, und — das war das Höchste — ein Geist des Gebetes, der frommen Hin- gebung und des Vertrauens auf den lebendigen Gott. O welche Ge- bete sind aus den preußischen Lagern emporgestiegen, nicht etwa für die eigne Rettung, sondern für die Rettung des Vaterlandes, für die Frei- heit und Ehre des deutschen Heerdes, für die Angehörigen in der Ferne, für den Sieg des Heeres, für den Triumph der gerechten Sache. Wohl erschollen Sang und Lieder auch unter dieser frommen Streiter- schaar, aber es waren deutsche Vaterlands- und Freiheitslieder, die das Herz erquicken und die Seele erheben und zu großen Entschlüssen und Thaten Hinreißen. So ging man getrost dem Schlachtendonner ent- gegen und der letzte Seufzer des mit hervorströmenden Blutbächen entrinnenden Lebens war ein Aufschrei zum Gott der Heerschaaren, ein Gruß an die Lieben, ein Segenswunsch für das geliebte Vaterland. Es ist wahr, auch in den übrigen Theilen Deutschlands, auch im Westen und Süden, hat sich etwas von dieser Begeisterung geregt, inson- derheit als die Leipziger Schlacht geschlagen und Deutschlands Befreiung schon entschieden war. Wir wollen uns dieser sittlichen Erhebung freuen, wo irgend sie sich gezeigt hat, und dankbar anerkennen, daß die ehemaligen Rhcinbundtruppen in Frankreich tapfer und freudig gegen Napoleon gefochten, nachdem sie vorher in Spanien, Rußland und auch in Deutschland gezwungen und ungern für ihn gekämpft. Allein hier treffen wir schon auf einen Punkt, der wohl geeignet ist, unsere Freude etwas zu trüben. Bayern, der erste süddeutsche Staat, der Oestreichs Beispiel folgte und sich noch vor der Schlacht bei Leipzig von Napoleon lossagte, hatte den Verbündeten seine Mitwirkung nur unter der Bedingung zugesagt, daß die von Napoleon verlie-
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