1865 -
Langensalza
: Beyer
- Autor: Kaiser, Hermann
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt: Zeit: Altertum, Mittelalter, Neuzeit
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Auch auf andere Bauten, z. B. Brucken, Wasserleitungen re.,
richtete er sein Augenmerk.
Unter Justinian's Regierung wurde auch der Seidenbau
in Europa eingesührt (552).
Zwei Mönche, die auf ihren Bekehrungsreisen nach China
(Tschina), dem eigentlichen Vater lande der Seidenraupe,
gekommen waren, hatten dem Kaiser Cocons*) mitgebracht. Aus
des Kaisers Wunsch, die Reise nach China zu wiederholen, gingen
die Mönche noch einmal dahin, uitb brachten nun in ihren aus-
gehöhlten Wanderstäben Eier der Seidenraupe mit nach Kon-
stantinopel. Die Eier, beven Ausfuhr bei Todesstrafe verboten
war, wurden nun von der Sonne ausgebrütet; die Raupen, mit
den Blättern des Maulbeerbaumes gefüttert, spannen sich ein
und die Cocons wurden künstlich zur Seide verarbeitet. Von
Konstantinopel aus verbreitete sich der Seidenbau bald über ganz
Griechenland (555). Vorher bezogen die Griechen ihre Seiden-
waaren für sehr hohe Preise aus Ostindien. Noch im 3ten Jahr-
hundert war die Seide so theuer, daß der römische Kaiser,
Aurelian, seiner Gemahlin, welche er doch sehr liebte, den An-
kauf eines seidenen Kleides abschlagen mußte; denn ein Pfund
Seide mußte mit einem Pfunde Goldes bezahlt werden. —
Justinian's Regierung war für das oströmische Reich
und seine Bewohner nichts weniger als beglückend. Beständige
Kriege, kostspielige Bauten, auch die verschwenderische Pracht an
seinem Hofe re. drückten das Volk, indem von ihm Viel gefor-
dert wurde. Daher war es kein Wunder, daß Justinian mehr
gehaßt als geliebt wurde, besonders da das Alter ihn in seinen
letzten Lebensjahren mißtrauisch und grausam gemacht hatte, auch
Schmeichler und Verleumder ein offenes Ohr bei ihm
fanden.
Der dunkelste Flecken seines Lebens aber ist die schnöde
Undankbarkeit gegen seinen vortrefflichen Feldherrn B e li sa r,
dessen wir in Folgendem erwähnen werden. Eine Hauptschuld
*) Cocou heißt die Puppe der Seidenraupe oder das Gehäuse, mit wel-
chem sich die Seidenraupe umspinnt und in welchem sie sich zur Puppe ver-
wandelt; es besteht aus einem einzigen, gegen 1000 Fuß langen Faden.