1869 -
Langensalza
: Beyer
- Autor: Kaiser, Hermann
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
279
Der Rheinbund. — Ende der deutschen Reichsverfassung.
1806.
Wie wir gesehen, so hatte Napoleon mehrere neue Staaten
gegründet und diese meist mit Regenten ans seiner Familie besetzt.
Immer mehr wurde sein Plan erkannt, eine Universalmonar-
chie in Form einer Familienherrschaft zu gründen. Der Weg da-
zu sollte die Stiftung eines großen Bund esstaates sein. Was
Frankreichs Beherrscher seit Jahrhunderten erstrebt, das vollendete
jetzt Napoleon's Allgewalt. Am 12. Juli 1806 traten — versteht
sich auf das Gebot Napoleon's — mehrere Fürsten zusammen und
schlossen den rheinischen Bund. Die vornehmsten Mitglieder
des Rheinbundes waren: Der Kurerzkanzler, die Könige von Baiern
und Würtemberg, die Großherzoge von Baden, Berg und Hessen-
Darmstadt und der Herzog von Naffau. Sie stellten, indem sie
sich vom deutschen Reiche lossagten, den Kaiser Napoleon als
Protector (Beschützer) an ihre Spitze und gelobten, alle Kriege,
welche Frankreich zu führen haben würde, mit ihrer ganzen mili-
tärischen Kraft zu unterstützen, wogegen ihnen der Genuß vollstän-
diger Souveränetät zugesichert wurde. Daß deutsche Fürsten sich
von ihrem Mutterlands lossagen konnten, wird immer eins der
dunkelsten Blätter in der Geschichte bleiben. — Den Vorsitz bei
der Bundesversammlung sollte der jedesmalige Fürst Primas
führen, zu welchem Napoleon den Kurerzkanzler, nachherigen Groß-
herzog von Frankfurt, Karl Dalberg, ernannte.
Obgleich der Rheinbund eigentlich eine Schmach für Deutsch-
land war, so machen ihn doch vorzüglich zwei Dinge zu einer
nicht unbedeutenden Erscheinung.
1) Deutschlands Fürstenzahl — es hatte bis zur Aufrichtung
des Rheinbundes wohl an 1500 Herren — wurde bis auf dreißig
und einige vermindert; denn die Länder der kleinen Fürsten, sowie
die Reichsstädte — bis auf Hamburg, Lübeck und Bremen —
stellte man unter die größern Rheinbnndsfürsten, so daß ihre un-
ter dem Reiche gehabte Selbstständigkeit aufhörte. Hierdurch ward
schon dgmals ein bedeutender Schritt zur Einigung Deutschlands
gethan.
2) Durch den Rheindbund kamen viele Staatsgrundsätze des
französischen Kaiserreichs in Deutschland ebenfalls zur Geltung.