1. Bd. 2
- S. 358
1844 -
Leipzig
: Kollmann
- Autor: Fortmann, Heinrich
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
358 —
Religionskriege — Kaiser Karls ¥. Abdan-
kung nnb Tod.
Die gefürchtete Katastrophe, welche die protestantischen Für-
sten schon auf dem Reichstage zu Augsburg vorhergesehen, brach
gleich nach Luthers Tode herein. Der Kaiser, nachdem er zuvor
mit seinen beiden Hauptfeinden, dem Könige von Frankreich,
Franz I-, und den Türken Frieden gemacht, that auf einem
Reichstage zu Rege ns bürg (1546) mit Nachdruck sein Vorha-
den kund, die früheren Beschlüsse gegen die Protestanten (s. S. 324)
in endlichen Vollzug zu setzen. Die sch m a l ka l d i sch c n B u n-
desgenoffen sahen daher keinen anderen Ausweg, als sich die
freie Religionsübung mit den Waffen zu erkämpfen. Sie rüste-
ten sich so eilig, daß ihre Truppen schon von allen Seiten heran-
zogen, als der Kaiser noch in Regcnsburg verweilte, und er würde
wahrscheinlich haben erliegen müssen, hatten nicht die Bundes-
häuptcr, der Churfürst von Sachsen. I o h a nnf r i edrich,
und der Landaraf Philipp von Hessen, durch ihre Bedenk-
lichkeiten Alles vereitelt. Ihren trefflichen, viclversuchten Feld-
herren, Sebastian Sckär klein von Burtenbach, hin-
derten sie an allen Unternehmungen, bloß darum, weil sie nicht
gern als der angrcifende Theil wollten angesehen ftyn. Der
Krieg hatte ohne eine einzige Schlacht können entschieden, und Karl
überfallen und gefangen genommen werden, da dieser nur 8000
Mann zu seiner Verfügung um sich hatte, wogegen das Bundes-
heer 60 bis 70,000 Mann stark war. Schartlein, verdrießlich
über die ewige Unentschlossenheit und des längeren Zauderns müde,
trat von dem Commando ab.
Inzwischen gab ein unvorhergesehener Vorfall der Sache
eine noch schlimmere Wendung. Die beiden Häupter der Prote-
stanten waren als Rebellen in die Acht erklärt worden, und der
Herzog Moritz von Sachsen, das Haupt der jüngeren, Al-
be rt in i sch e n Linie *), (ein protestantischer Fürst, doch nicht zum
*) Siche in der Geschichte: „Der sachs. Prinzcnraub." Von den beiden
Prinzen wurde Ernst der Stammvater der älteren oder Erncstini-
s ch e n, und Albert der Stammvater der jüngere» oder Albcrtini-
schen Linie,