1. Bd. 5
- S. 39
1845 -
Leipzig
: Kollmann
- Autor: Fortmann, Heinrich
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
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Aufhebung sie schon oft und auf eine Art gebeten hatten, die
eigentlich unter ihrer Würde war. Sic forderten und zwar in
einem sehr ernsten Tone, die Losgebung der Gefangenen. Der
Kaiser, der ebenso wenig Preußens wie Hollands Freundschaft
aufopfern wollte, machte jetzt ernstlich den Vermittler. Friedrich
Wilhelm entließ die gefangenen Holländer in aller Stille, und
die Generalstaatcn erklärten schriftlich, daß sie an dem Vorfälle
zu Mastricht keinen Theil hätten. Aber des Königs Wuth kehrte
bald wieder zurück und kochte so lange in seiner Brust, biß er
sich gerächt hatte. Er ließ im folgenden Jahre zwei ganz uns
schuldige holländische Unteroffiziere, die ohne Argwohn und böse
Absichten in sein Gebiet kamen, aufknüpfen. Die Holländer,
welche die Repressalien nicht verewigen wollten, ließen cs bei
Klagen bewenden; besonders da ein inzwischen ausgebrochener
Krieg zwischen Frankreich und Deutschland, wegen der polnischen
Königswahl (s. später), die Aufmerksamkeit auf andere Gegen-
stände zog. —
Da der deutsche Kaiserhof gegen den König viele Verbindlich-
keiten hatte, so gestattete er unter gewissen Einschränkungen die
preußischen Werbungen. Es gab in den weitläufigen österreichi-
schen Staaten über dreihundert preußische Werber, welche frei-
willige Leute von ungewöhnlicher Größe aushebcn durften. Da
jene aber die ihnen gegebene Erlaubnis gröblich mißbrauchten,
so befahl der Kaiser im Dccembe^ 1735 allen preußischen Wer-
bern, seine Länder sogleich zu räumen. Eine verlorene Schlacht
hätte den König nicht in größere Bestürzung versetzen können,
als ein solcher Befehl, wodurch ihm eine so ergiebige Quelle
für die Erhaltung und Verschönerung seines Lcibrcgiments und
seines Heeres überhaupt versiegen sollte. Auf sein dringendes
Bitten und die wiederholten Vorstellungen seines Gesandten wurde
ihm endlich bewilligt, daß zwanzig Mann in Böhmen und
Mähren und eine kleine Anzahl in Ungarn für das königliche
Lcibregiment, doch nur freiwillig, geworben werden durfte.
Friedrich Wilhelm konnte es aber nicht über sich gewinnen, in
den vorgesteckten Grenzen zu bleiben, und seine Leute suchten
nach wie vor durch List und Gewalt große Werber wegzukapern.
Ein preußischer Lieutenant, Namens Laurenz, entführte gewalt-
sam einen auf den Gütern des schlesischen Grafen H o-ch bcrg
ansässigen llntcrthanen, dessen Familie dadurch in's tiefste Elend