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1. Bd. 5 - S. 235

1845 - Leipzig : Kollmann
235 rcgistrirt wurden. Denn zu der immer ausschweifender werden- den Verschwendung des Hofes, neben welcher auch noch so uner- hörte Zinsen für die Staatsschuld und so viele andere Bedürf- nisse bestritten werden mußten, gehörten schreckliche Auflagen. Der Finanzminister, Abbe Tcrray, war der Mann, der ohne alle menschliche Regung immer neue Steuern hervorzupressen wußte, Nach einem seiner Edicte stellten ihm die Deputirtcn der Geistlichkeit, für welche cs besonders drückend war, die offenbare Ungerechtigkeit desselben vor. „Aber wer sagt denn, — erwi- derte er, ohne seine Miene zu verändern — daß das Edict gerecht scyn soll? Wozu wäre ich denn da?" — „Das heißt ja aber den Leuten die Taschen ausraumen!" rief einer der Deputirtcn erhitzt. — „Wo soll ich's sonst hernchmcn?" fuhr Terray mit seiner vorigen Gelassenheit fort*). Man rechnet, daß unter Lud- wigs Xv. Regierung allein mehr neue Auflagen gemacht worden seyen, als unter allen vorigen Königen zusammcngenommen **). *) Wenn man ihm rieth, die Unzufriedenen und Klagenden einsteckcn zu lassen, so war er allemal dagegen und sagte: „Wenn man die Leute schindet, so muß man sie auch schreien lassen." **) Die Pariser suchten sich durch Satvren und Carricaturcn eine Herzens- ecleichterung zu verschaffen. Da der Canzler Maupcau cs war, von dem die neue Verfassung ausgegangen war , so richtete der Witz gegen ihn vorzüglich seine Pfeile. Unter andern: verbreitete ein Satyrcnschreiber Folgendes: „Es halt sich jetzt in Frankreich ein Chamäleon aus, mit Tatar und Perrücke ; es verändert seine Farbe sehr oft, und wird bald schwarz, bald weiß, bald blutroth oder gelb. Es soll die Fliegen nicht fressen, sondern ihnen bloß das Blut aussangcn und viel grau- samer seyn, als das eigentliche Chamäleon. Es klammert sich mit dem Schwänze an alle Zweige, wie ein bekanntes Thier, und hat etwas von der Natur des Tigers, des Affen und des Baren; es ist grausam, gewandt und rachgierig und so hartnäckig, daß es nichts unternimmt, was es nicht ausführt. Seine Mähne ist lockig, wie die des Löwen ; seine Schnelligkeit wie die des Krokodils. Das schwarze und freche Auge dieses Thiers sprühet Muth und Grausamkeit. Man nennt es einen Maupeau." — Auch erschien zu der Zeit, da das Elend des Volks den höchsten Grad erreicht hatte, folgende Parodie des Vaterunsers: „Unser Vater, der du bist in Versailles, dein Name sey gepriesen. Dein Reichs ist erschüttert. Dein Wille geschieht weder auf Erden, noch im Himmel. Gieb uns unser tägliches Brod zurück, das man uns genommen hat. Verzeihe den Parlamenten, daß sie dir treu gedient haben, sowie du den Ministern verzeihst, die sie ver-
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