1. Bd. 6
- S. 455
1845 -
Leipzig
: Kollmann
- Autor: Fortmann, Heinrich
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
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des französischen Reichs oder im Norden Deutschlands eine
Diversion zu machen.
Oesterreich hatte seine Kriegsmacht in drei Hauptarmecn
getheilt, um Frankreich auf drei Punkten zugleich, in Baiern,
Italien und Polen anzugreifen. Das große Heer, 220,000
Mann, unter dem Erzherzog Karl war in Böhmen aufgestellt
und bestimmt, Baiern zu überziehen; der Erzherzog Ferdinand
sollte mit 40,000 Mann durch das Herzogthum Warschau nach
Preußen Vordringen — man hoffte nämlich auf die Mitwirkung
dieses Staates —; endlich sollten zwei Corps, aul 50,000 Mann
Linientruppen und 25,000 Milizen bestehend, unter dem Befehle
des Erzherzogs Johann, die Armee von Italien bilden. Die
Gesammtmacht des Heeres belief sich mit der Reserve, den auf-
gestandenen Tirolern, den Landwehren rc. auf 450,000 Mann,
mit einer Artillerie von 700 Kanonen. — Napoleon konnte dieser
ungeheueren Macht kein gleiches Heer cntgegenstellcn. Nur über
100,000 Franzosen, die Besatzungen in den Städten Norddeutsch-
landö mit eingerechnet, konnte er in diesem Feldzuge verfügen;
auf eine gleiche Zahl Verbündeter, als Baiern, Würtembcrger,
Sachsen, Badener, Hessen rc. konnte er zählen, falls ihn das
Kricgsglück begünstigte, und in allen Fällen auf 18,000 Polen,
die entschloffen waren, für die ihnen von Napoleon verheißene Un-
abhängigkeit ihres Vaterlandes auf's Acußerste zu kämpfen. Die
Artillerie der gesammten Truppen belief sich auf coo Kanonen.
Am 0. April verkündigte der Erzherzog Kar! als Gcncrolissi-
mus durch einen Armeebefehl den Anfang des Krieges. Das
von ihm geführte Heer drang in Baiern ein. Die Aufrufe an
die deutsche Nation, welche von den vorrückendcn Oesterrcichern
vcrtheilt wurden, blieben ohne Wirkung; Baiern, und nach sei-
nem Beispiele der ganze Rheinbund, — des Kaisers Franz eigenen
Bruder, den Großherzog von Würzbucg, nicht ausgeschlossen —
hielt fest an seinem Procector. Dieser erfuhr durch eine telegra-
phische Meldung am 12. zu Paris den Einfall der Oesterreichcr
in Baiern, der den 10. staltgehabt hatte. In drei Tagen eilte
er von Paris nach Ludwigs bürg, wo er eine Unterredung
mit dem Könige von Würtcmberg hatte, und setzte an demselben
Tage seine Reise nach Dillingeu fort, wo der König von
Baiern ihn erwartete. Den 17. kam er in seinem Haupt-
quartiere zud 0 nauwdrth an. Mit dem Blicke des lricgcrischen