1. Bd. 6
- S. 517
1845 -
Leipzig
: Kollmann
- Autor: Fortmann, Heinrich
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
1< rt
— 5l7 —
Begrüßung der geängsteten Einwohner, in die Stadt. Zu der-
selben Zeit ward die einzige Brücke über die längs der Stadt
fließende Elster, welche den abziehenden Franzosen zum Uebergange
diente, gesprengt. Ein Corporal des Geniecorps, der den Auf-
trag hatte, die Brücke in die Luft zu sprengen, sobald der Feind
kommen würde, hörte das Hurrahgeschrei eines Kosakentrupps
und das Kleingewehrfeuer einiger Plänkler und glaubte, der
Augenblick scy gekommen; er zündete die Flatterminen an, und
die Brücke flog in die Lust. So wurde den Corps, welche die
Stadt verthcidigten, der Rückzug abgeschnitten. Der Marschal
Macdonald entging der Gefangenschaft nur dadurch, daß er mit
dem Pferde in die Pleiße sprang und das jenseitige Ufer erreichte.
Der tapfere Poniatowsky aber, der durch die Elster schwimmen
wollte, fand, nachdem er noch schwer verwundet worden, seinen
Tod. Die Generale Reynier und Lauriston, nebst i5,ooo Mann,
200 Kanonen und ein Theil des Gepäcks der Armee sielen den
Alliirten in die Hände. — Um ein Uhr hielten die verbündeten
Monarchen, der Kaiser Alexander und der König von
Preußen, inglcichen die Oberbefehlshaber, der Kronprinz
von Schweden, der Fürst Schwarzenberg und der Feld-
marschall Blücher, unter dem lauten Jubel der Einwohner und
dem Hurrahrufen ihrer Truppen, an der Spitze derselben ihren
feierlichen Einzug. Wenige Stunden darauf kam auch der Kaiser
Franz. Der König von Sachsen, der in Leipzig zurückgeblieben
war, ward für einen Kriegsgefangenen erklärt und genöthrgt,
als solcher mit seinem Hofe und seinen Ministern einstweilen
in Berlin seinen Aufenthalt zu nehmen. Sein Land ward unter
Verwaltung eines russifchcn Gouverneurs gestellt, und das Heer,
jedoch unter eigenen Fahnen, zur Theilnahme am gemeinsamen
Kampfe bestimmt. Mehrere Führer desselben hatten bereits, wie
wir gesehen, am 18. mit ihren Truppen die französischen Reihen
verlassen und sich zu den Verbündeten hinüber gewendet.
Der Rückzug Napoleons mit den Trümmern seines Heeres
ging, unablässig verfolgt von der zahlreichen Reiterei der Ver-
bündeten, geradeswegs nach Mainz. Bei seiner Ankunft in Hanau
aber trat ihm ein neuer Feind in den Weg, auf den er nicht
gerechnet hatte, einer seiner Verbündeten, der inzwischen von
ihm abgcfallcn war. Bei Eröffnung des Herbstfeldzuges stand
die bairische Armee an der österreichischen Grenze bereit, wenn