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1. Bd. 3 - S. 107

1844 - Leipzig : Kollmann
107 Karl Ix., die Regierung übernahm, war nun genöthigt, ihr geliebtes Frankreich mit dem rauhen Schottland zu vertauschen. Jetzt fühlte sie die Nothwendigkeit, mit ihrer künftigen Nach- barin ein gutes Vernehmen zu unterhalten, und wendete sich daher zuerst mit der Bitte an sie, ihr di? Durchreise durch Eng- land zu erlauben. Elisabeth aber, der die unbedingte Gewäh- rung dieses Gesuchs, der zahlreichen englischen Katholiken wegen, sehr bedenklich schien, erwicdcrte, daß nur, wenn Maria den Edinburghcr Vergleich bestätigen wolle, ihr der Weg durch Eng- land offen stehen könne; worauf Maria mit gereiztem Unwillen antwortete und Anstalten traf, um unmittelbar zur See nach Schottland zu gelangen. Die englische Negierung rüstete ein Geschwader aus, angeblich gegen die Seeräuber; man behaup- tete aber, daß es keinen andern Zweck gehabt, als die Königin von Schottland aufzuhcben und in Elisabeths Hände zu liefern. Der 10. August 1561 war der Tag, wo Maria in Be- gleitung dreier ihrer jüngeren Oheime und mehrerer vornehmen Franzosen zu Calais an Bord des Schiffes ging, welches sie nach Schottland führen sollte. Ihr dreizehnjähriger Aufenthalt in Frankreich, das milde Klima des Landes, die vielen Lebens- freuden und Genüsse, welche es darbot, machten ihr den Ab- schied schwer. So lange ihr das Licht des Tages die Aussicht nach dem geliebten Iugendlande vcrstattete, waren ihre Blicke ununterbrochen dahin gerichtet, und als die Dunkelheit es ihr verbarg, gab sie Befehl, sie mit dem Anbruche des kommenden Morgens zu wecken, wenn anders Frankreich noch sichtbar wäre. Die Ruhe der Winde ließ das Schiff nur eine kleine Strecke zurücklcgcn. Die ausgehende Sonne zeigte die franzö- sische Küste noch innerhalb des Gesichtskreises. Als sie geweckt war, blickte sic noch einmal mit Wehmuth zu ihr hinüber, indem sic ausrief: „Lebe wohl, mein geliebtes Frankreich, dich sehe ich niemals wieder!" — Ein dichter Nebel führte ihr Schiff vor der englischen Flotte vorüber, und günstige Winde brachten sie glücklich in den Hafen von Leith. Neunzehn Jahre alt, in der Blüthe ihrer Jugend und Schön- heit, betrat Maria das Land, das sie regieren sollte. Das Iubel- geschrei der Edinburghcr, unter welchem sie cingezogen, verstummte indessen bald, als man den großen Widerspruch gewahrte, in wel- chem ihre Gesinnungen und Neigungen mit dem standen, was in
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