1. Bd. 4
- S. 370
1845 -
Leipzig
: Kollmann
- Autor: Fortmann, Heinrich
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
fl
— 370 —
ren erschrocken und tief bewegt, nur die beiden ^Franzosen nicht;
ja, Maigrct sagte kalt: „Das Spiel ist jetzt aus, laßt uns nach
Hause gehen." Siquer bedeckte des Königs Gesicht mit seiner
Perrückc, wickelte den Leichnam in seinen Mantel, ließ ihn in das
nächste O.uartier bringen und eilte zum Erbprinz von Hessen,
dem er die traurige Begebenheit anzcigte. Der Prinz befahl, den
Todesfall geheim zu halten, bis er seiner Gemahlin, der jüngeren
Schwester Karls, lllrike Eleonore, die Thronfolge gesichert
hatte. Den Dänen war es- unbegreiftich, warum die Schweden
sich auf einmal so stille hielten, bis ankommende lleberläufcr die
Nachricht von des Königs Tode überbrachten. Die königliche
Leiche ward auf einer mit einem Bogen versehenen Tragbahre
von vier Pferden bis nach Fuirenaro getragen, und von da
auf einem Fahrzeuge nach Strömstadt abgeführt. — In der
Tasche fand man bei seinem Tode ein Gebetbuch und das Bild-
niß Gustav Adolphs.
Die Dänen schrieben, aus Eitelkeit, Karls Tod ihren Waf-
fen zu. Der Anblick des Schädels aber erzeugte gleich Anfangs
den Gedanken an Meuchelmord; denn obgleich die Verschanzung
gerade gegenüber lag, so war derselbe doch nicht von vorn und
nicht durch eine Falkonett-'oder kleine Stückkugcl (welches bei der
beträchtlichen Entfernung — 1500 Schritte von dem Fort bis
zum Könige — allein möglich gewesen wäre), sondern durch eine
Pistolcnkugel seitwärts durchbohrt. Das allgemeine Gerücht be-
schuldigte laut jene zwei Franzosen, und namentlich den Adjutan-
ten Siquer, als Vollzieher der schwarzen That, weil er von der
Prinzessin Ulrike bei Ueberbringung der Nachricht von dem Tode
des Königs ansehnlich beschenkt ward. Auch verfiel ec 1722 in
eine Art von Geistesverwirrung, in derer sich für den Mörder des
Königs ausgab und überdies durch öfteres Sprechen vom Tode
desselben seine Gcwissensunruhe verrieth. Die Negierung tbat
jedoch nichts, dem Verbrechen näher auf die Spur zu kommen;
man ließ cs dabei bewenden, daß eine feindliche Kugel ihn ge-
tödtet habe. — Erst im Jahre 1746 ward eine gerichtliche Be-
sichtigung der Leiche angcstellt, und die nähere Untersuchung der
.Wunde bestätigte den Meuchelmord. —
Karls Schwester, Ulrike Eleonore, wurde zur Königin
erwählt.
Den io. Februar 1719 wurde der verstorbene König in der