1912 -
Leipzig [u.a.]
: Teubner
- Autor: Reinlein, Hans, Gruber, Christian
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Die wirtschaftlichen Verhältnisse in Rußland.
215
schmelzerei und Seifenfabrikation in den landwirtschaftlichen Di-
strikten. Der Wert der industriellen Produktion beläuft sich auf weit über
2000 Millionen Mark im Jahre. Sie ist in ständiger Zunahme begriffen
und hat bei dem Reichtum des Staates an Kohlen und Erzen sicher eine be-
deutende Zukunft. Es ist aber fraglich, ob es bei der Knappheit der kulturellen
und materiellen Hilfsquellen des Reiches möglich sein wird die zu bewältigen-
den Aufgaben zu leisten, wenn man sich nicht entschließt, fremdem Kapital
und fremdem Unternehmungsgeist williger als bisher den Eintritt in das
Land freizugeben. Der Gesamthandel Rußlands mit dem Auslande wird
auf fast 3000 Millionen Mark in der Ausfuhr und auf etwa 2100 Millionen
Mark in der Einfuhr angegeben. Das Überwiegen der Ausfuhr über die
Einfuhr ist kennzeichnend für Rußland als Agrarstaat, der die Erzeugnisse
seiner Land- und Forstwirtschaft gegen industrielle Rohstoffe, Halb- und
Ganzfabrikate von Westeuropa eintauscht. Dem binnenländischen Warenaus-
tausch dienen berühmte Messen (Nowgorod, Kiew). — Der Verkehr bewegt
sich außer auf den schon erwähnten ausgedehnten Wasserstraßen, wo ein
Warenumschlag von annähernd 50 Millionen t im Jahre stattfindet, auf
60000 km Eisenbahnen. Wie in Frankreich sind auch in Rußland
die Schienen st ränge zentralistisch angelegt; sie haben Moskau
als Mittelpunkt. Den stärksten Landverkehr vermitteln die Linien Moskau-
Petersburg, Moskau-Kiew-Odessa und die Einzelbahnen zur deutschen Grenze
hin. Die Landstraßen find vielfach in schlechtem Zustande und am leich-
testen während der langen, schneereichen Wintermonate befahrbar. Die Tele-
graphendrähte messen 670 000 km. Der Schiffsverkehr für Landesprodukte
ist stark hervortretend an den Hafenplätzen des Asowschen und Schwarzen
Meeres sowie in Astrachan am Kaspisee. Die russische Handelsflotte zählt
zurzeit zusammen mit der Finnlands über 6500 Fahrzeuge mit mehr als
1 Million Nettotonnen. Wir Deutsche erhalten von Rußland hauptsächlich
Rohprodukte. Von dem Einfuhrwerte, der sich im Jahre 1910 auf 1387
Millionen Mark belief, entfielen in Millionen Mark auf: Futtergerste 275,
Weizen 238, Bau- und Nutzholz 107, Eier 75, rohe Pelztierselle 55, Kleie
45, Hafer 42, Roggen 39. — In der Ausfuhr nach Rußland stehen Maschinen
mit 65 Millionen Mark Wert an der Spitze; dann folgen: Roggen mit 20,
Rindshäute und Baumwolle mit je 19, Wolle mit 17, Steinkohle mit 13,
Oberleder mit 13 Millionen Mark Wert. Dazu kommen noch: bearbeitete
Tierfelle (mit zusammen 27 Millionen Mark), elektrische Glühlampen, Zink,
Teerfarbstoffe, Koks, verschiedene Chemikalien, Kautschuk, Indigo, Klaviere,
Kupfer-, Tombak- und Messingwaren.
Rußlands Hauptindustrie- und Handelsplätze.
a) An den Küsten: Petersburg (1,5 Millionen Einw.) an der Stelle,
wo der Finnische Meerbusen am tiefsten nach Rußland einschneidet. Es hat In-
dustrien in Webwaren, Maschinen, Geschmeide, Tabak und eine Handelsbewegung
von über 1 Milliarde Mark im Jahre. Die Statistik verzeichnet für Petersburg