1912 -
Leipzig [u.a.]
: Teubner
- Autor: Reinlein, Hans, Gruber, Christian
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Die Nebenländer der südeuropäischen Staaten u. deren wirtschaftl. Bedeutung. 231
Italiens Nebenländer treffen insgesamt auf Afrika. Sie dehnen
sich über mehr als 500000 qkm aus, auf denen indes bloß ungefähr 700000
Seelen wohnen. Sie haben dem Mutterlande schon schwere Opfer gekostet,
sind aber für den Welthandel nicht von nennenswerter Bedeutung. Sie be-
stehen aus Erythrea am Roten Meere, das am Eingang nach Abes-
sinien liegt und den vortrefflichen Hafen von M a s s a u a besitzt, sowie aus dem
Küstengebiet der Somalihalbinsel. Die bevorstehende Eingliederung von Tri-
polis in den Kolonialbesitz Italiens wird kaum von hervorstechenden wirt-
schaftlichen Folgen begleitet sein.
Wirtschaftlich sehr viel wertvoller als der Kolonialbesitz Spaniens,
Portugals und Italiens ist derjenige der Türkei. Er mißt im ganzen rund
3 Millionen qkm, zählt 24 Millionen Menschen und setzt sich aus den Über-
resten der einstigen mohammedanischen Eroberungen in Vorderasien und
Nordafrika zusammen. Zur asiatischen Türkei gehören (ohne Samos
und Cypern) Kleinasien, ein Teil von Armenien und Kurdistan, Mesopo-
tamien, Syrien und die Küstenländer Arabiens (insgesamt nahe an 1,8 Mil-
lionen qkm mit 17 Millionen Einwohnern); in Afrika steht Ägypten und
vorläufig auch noch Tripolis mit Barka und Fessan dem Namen nach unter
türkischer Oberherrschaft (2 Millionen qkm mit 11 Millionen Einwohnern).
— Alle diese Nebenländer haben unter der Mißwirtschaft eines meist bestech-
lichen, beutesüchtigen und wirtschaftlich trägen Beamtentums außerordentlich
gelitten. Obwohl der türkische Bauer großenteils nicht unbetriebsam und viel-
fach besser ist als sein Ruf, haben die türkischen Besitzungen doch gegenwärtig
für den Welthandel keineswegs jene Bedeutung, die ihnen nach ihrer Natur-
ausstattung zukommen könnte. Am wertvollsten sind noch ihre Küstengebiete.
Kleinasien, die natürliche Brücke zwischen Europa und Asien, das alte
Durchgangsland für den Völkerverkehr zwischen beiden Erdteilen, hat nicht
bloß an seinem West- und Nordsaum vortreffliche Hafenplätze, sondern er-
zeugt auch unter dem Einfluß des Mittelmeerklimas an den Küsten und an
den bewässerten Stellen des Innern Mengen von Getreide, Wein und Wein-
beeren, Südfrüchten, Ol, Mastix, Opium, Knoppern, Tabak und Baumwolle
(in seiner Südhälfte). Neben Pferden, Maultieren, Kamelen und Schafen
werden besonders Ziegen (die weichhaarige Angoraziege) gehalten und wird
die Seidenraupe gezüchtet. Der Boden aber birgt Meerschaum (bei Eski-
schehir westlich von Angora), Kupfer (bei Sasun an der Nordküste) und
Smirgel (bei Smyrna). Kleinasien besitzt in Smyrna (230000) die wichtigste
und größte Handelsstadt der Levante, welche sowohl nach dem Innern des
Landes als nach Konstantinopel, Ägypten, Südafrika und der Adria lebhafte
Verbindungen unterhält und im Jahre einen Handelsumsatz von fast 200
Millionen Mark erzielt. Nach Deutschland gehen von hier aus hauptsächlich
Ziegen- und Schaffelle, Schwänime, sowie getrocknete Weinbeeren und Knop-
pern. Es liefert dafür Web- und Eisenwaren, Leder, Farben und Porzellan.
Am Südgestade des Schwarzen Meeres liegt Trapezunt (100000), ein