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1. Deutsche Gedichte für den Geschichtsunterricht - S. 45

1865 - Erfurt [u.a.] : Körner
7. Als braus ohn' alle Fährbe Der Graf sich niederließ, Und neben in die Erbe Die Jägerstange stieß, Da griff mit beiden Handen Der Kaiser nach dem Schaft: „Den Spieß muß ich mir pfänden, Ich nehm' ihn mir zur Haft. 8. Der Spieß ist mir verfangen, Deß ich so lang' begehrt, ' Du sollst bafitr empfangen Hier dies mein bestes Pferd. Nicht schweifen im Gewälde Darf mir ein solcher Mann, Der mir zu Hof und Felde Viel besser bienen kann." 9. „Herr Kaiser, wollt vergeben! Ihr macht das Herz mir schwer. Laßt mir mein freies Leben Und laßt mir meinen Speer! Ein Pferd hab' ich schon eigen, Für Eures sag' ich Dank! Zu Rosse will ich steigen, Bin ich einst alt und krank." 10. „Mit dir ist nicht zu streiten, Du bist mir allzustolz. Doch führst bu an der Seiten Ein Trinkgefäß von Holz; Nun macht die Jagd mich bürsten, Drum thu' mir das, Gesell, Und gieb mir Eins zu bürsten Aus diesem Wasserquell." 11. Der Graf hat sich erhoben, Er schwenkt den Becher klar, Er füllt ihn an bis oben, Hält ihn dem Kaiser bar. Der schlürft mit vollen Zügen Den kühlen Trank hinein Und zeigt ein solch Vergnügen, Als wär's der beste Wein. 12. Dann faßt der schlaue Zecher Den Grafen bei der Hand: „Du schwenktest mir den Becher Und fülltest ihn zum Rand, Du hieltest mir zum Munde Das labende Getränk: Du bist von dieser Stunde Des deutschen Reiches Schenk!" L. Uhland (geb. 1787, gest. 1862). Die Grasen von Limburg besaßen das Erbschenkenamt des beiligen römischen Reiches und hießen daher die Schenken von Limburg; 1718 sind sie ausgestorben. Man unterschied die Erz ämt r, deren Inhaber die Kurfürsten waren (— der König von Böhmen war Erzschenk —), und die Erbämier, welche aus vier gräflichen Familien ruhten, und deren Inhaber bei der Kaiserkrönung das Amt wirklich versahen. Erz schenk war der König von Böhmen als Kursürst des deutschen Reiches. Gökingcr sagt: „Die Sage von der Entstehung des Erbschenten-Amies, welche uns hier Uhland erzählt, habe ich noch nie gelesen und gehört. Das Ganze ist eigentlich nur eine Anekdote, und nur Uhlandö Dichterkraft hat sie zur Ballade gestalten können, indem die beiden Characiere so lebendig her- vortreten." 35. Graf Eberhard der Rauschebart. 1. Der Uebersall im Wildbad. *) 1. In schonen Sommertagen, wann lau die Lüfte weh'n, Die Wälber lustig grünen, die Gärten blüheub steh'n, Da ritt aus Stuttgarts Thoren ein Helb von stolzer Art, Graf Eberharb der Greiner, der alte Rauschebart. 2. Mit wenig Ebelkuechten zieht er ins Land hinaus, Er trägt nicht Helm noch Panzer, nicht gehts auf blutgen Strauß: Ins Wilbbab will er reiten, wo heiß ein Quell entspringt, Der Sieche heilt und kräftigt, der Greise wieber jüngt. 3. Zu Hirschau bei dem Abte, ba kehrt der Ritter ein Und trinkt bei Orgelschalle den kühlen Klosterwein. Dann gehts durch Tannenwälder ins grüne Thal gesprengt, Wo durch ihr Felsenbette die Enz sich 'rauschend drängt. 4. Zu Wilbbab an dem Markte, da steht ein stattlich Haus, Es hängt daran zum Zeichen ein blanker Spieß heraus: Dort steigt der Graf vom Roffe, bort hält er gute Raft, Den Quell besucht er täglich, der ritterliche Gast. *) Diese Begebenheit fällt ins Jahr 1367. Ein großer Theil des schwäbischen Adels hatte sich in eine Geiellschast vereinigt, um besonders der wachsenden Machk der Städte und der Grasen von Würtem- berg sich zu widerseben Man nannte sie Sch legier oder Martinsvögel — Jenen Namen führ- ten sie nach der gewöhnlichen Meinung von den silbernen Keulen oder Schlägeln, womit ste bewaffnet waren, den Namen Marrinsvögel aber von dem Stiftungslage der Gesellschaft. Die Haupkleuke des Bundes waren die beiden Grasen Wolf und Wilhelm von Eberstein und Wolf von Wunnen- stein, den man seiner glänzenden Rüstung wegen den gleißenden Wolf nannte.
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