1834 -
Leipzig
: Dürr
- Autor: Hempel, Carl Friedrich
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Bürgerschule, Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Landschule
- Inhalt Raum/Thema: Reformation
Der Anfang der Reformation. 113
immer leere päpstliche Schatzkammer, auch wohl Aussteuern
der Verwandten verschlangen das Beste. In Deutschland
verpachtete Leo den Ablaß gegen die Halste an denerzbischoff
von Mainz, der auch Geld brauchte, und nun seine Kramer
ausschickte. Johann Tezel, ein Dominikaner, der schon
einmal als schamloser Ehebrecher vcrurtheilt war, in einen
Sack gesteckt und ersauft zu werden, aber freigelassen wurde
und in Rom sich Absolution verschaffte, übernahm dieses
Geschäft in Sachsen. Er war einer der unverschämtesten
Mäkler, ließ seine Schandschriften an die Kirchthüren an-
schlagen, stellte in den Kirchen ein großes, rotbes Kreuz mit
dem päpstlichen Wappen auf, empfahl dann von der Kanzel
seine Waarc, reichte den Käufern die Ablaßzcttel, die gleich-
sam Quittungen waren, daß man nun von Sünden losge-
sprochen sey, und nun warf man den Judaslohn in den
Ablaßkasten. Bei den pomphaften Aufzügen wurde die Bulle,
oder päpstliche Verordnung, in Sammt und Goldstoff ge-
bunden, vor dem Ablaßprediger hcrgetragen und das unwis-
sende Volk strömte zahlreich herbei, staunte und — zahlte.
Sein Spruch war: „So bald das Geld im Kasten klingt,
so bald die Seel' in Himmel springt." Sein Ablaß sollte
so kräftig seyn als das Kreuz Christi, selbst der heilige Pe-
trus könne nicht mehr von der Strafe entbinden als er; ja
wer die heilige Jungfrau gemißhandelt habe, könne durch
ihn Verzeihung erhalten. In Freiberg im Erzgebirge hatte
er in zwei Tagen 2000 Gülden zusammen gebracht. Die
Sünde der Vielweiberei kostete sechs Dukaten, Kirchenraub
und Meineid neun, ein Mord acht, eine Zauberei zwei. Ein
Edelmann schlug jedoch Tctzeln mit seinen eignen Waffen, indem
er sich Ablaß kaufte für künftige Sünden, darauf Tezeln
den Geldkasten unterwegs abnahm, ihn noch prügelte, und
lachend ausrief: Das eben ist die Sünde, die ich begehen
wollte. Tezel hielt sich einen Bedienten, drei Pferde und
führte auch zwei Kinder von sich mit herum. Monatlich er-
hielt er außer freier Kost 90 Goldgülden (ü uthaler), eine
große Summe bei dem damaligen Preise der Lebensmit-
tel, indem der Dresdner Scheffel Korn 5 Groschen, eine
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