1834 -
Leipzig
: Dürr
- Autor: Hempel, Carl Friedrich
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Bürgerschule, Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Landschule
- Inhalt Raum/Thema: Reformation
262 Blicke auf den Zustand der protestantischen Kirche
Schwung gab, alle Fürsten lehrte, daß die Bekenner des
verschiedenen Religionsglaubens recht gut und glücklich mit,
für und neben einander leben können, und daß nur Recht
und Gerechtigkeit, Schutz und Schirm von Seiten des Staa-
tes gegen jede Partei, die ihre Bürgerpflichten treu erfüllt,
Sorge für ihre leiblichen und geistigen Bedürfnisse ein Land
blühend, seine Bewohner zufrieden machen und ihm Kräfte
verleihen, auch furchtbaren Feinden und Stürmen mit Er-
folg zu widerstehen. Unter feinem Vater war es blindlings
eifernden Theologen gelungen den berühmten Philosophen
Wolf in Halle des Unglaubens zu bezüchtigen, so daß er
binnen 24 Stunden das Land raumen mußte; Friedrich Ii.
rief ihn i/4o zurück, und diese Universität hat durch die
würdigsten Männer und eine sichere Lehrfreiheit auf ganz
Deutschland wohlthatig gewirkt.
Zndeß war es nicht zu verkennen, daß Friedrichs Ii.
freies Urtheil und Benehmen in Kirchen- und Religionsan-
gelegenheiten, und die Anwesenheit und Begünstigung geist-
reicher, französischer Witzlinge nicht ohne nachtheiligen Ein-
fluß auf christlichen Glauben und Sinn blieb, da so viele
Menschen sich für eben so große Geister halten, wenn sie nur
die Schwachen derselben nachahmen, ohne ihre Vorzüge zu
besitzen. Man behauptete wenigstens, daß in jener Periode
Unglaube oder doch Unkirchlichkeit, leichtsinniger Spott über
alles Heilige und Ehrwürdige sehr überhand genommen und
Tugend und gute Sitten nicht dabei gewonnen hatten; daß
man zwar auf den Namen eines so bewunderten Königs, und
eines Preußen, sowie auf die Thaten der Vorfahren stolz
gewesen, aber Ehrfurcht und Gottvertrauen, aller Weisheit
Anfang, damals von Vielen gewichen sey. Ein unruhiger,
eitler und leichtfertiger Lehrer in Halle Barth, der aber
1792 als Kaffcewirth bei Halle starb, nachdem er mit seinen
vielen Gaben der Beredsamkeit viel Böses gestiftet hatte,
trug kein Bedenken die Geschichte des Christenthums in einen
Roman umzuwandeln, in welchem aber die Erklärung der
Wunder noch viel wundervoller erschien, als diese selbst; er
gefiel indeß, wie ähnliche Versuche, nur eine Zeitlang.