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1. Geschichte des deutschen Volkes und des deutschen Landes - S. 416

1839 - Stuttgart : Literatur-Comptoir
/ -•->»0* 416 O-r«— erledigt und Ferdinand für abgesetzt; Mähren trat, wie Schlesien und Lausitz, ;u Böhmen; mit diesem verhandelte auch Ungarn, dessen sich Bethlen Gabor zu bemäch- tigen trachtete. In Wien war Ferdinand in gleicher Noth; die Böhmen streiften bis an die Vorstädte, ihre Kugeln erreichten sogar die Burg, und ihn selbst schlos- sen die Bürger in der Burg ein und verlangten mit drohender Geberdc die Unter- schrift ihrer Freiheiten. Selbst die Jesuiten hätten jetzt unterschrieben, aber Fer- dinand, obwohl in Lebensgefahr, betete und sagte Nein. Da klangen plötzlich die Trompeten von Dampierrc's 500 Cürrassieren, die sich unvermerkt bis zur Burg durchgeschlichcn hatten , und Ferdinand war frei; Katholiken und Studenten griffen für ihn zu den Waffen; die aufrührerischenwiener flohen zuthurn ins Lager, Thurn ging zurück, und Mansfeld nebst Hohenlohe wurden von Bucquoi bei Budweis geschlagen. Jetzt ging Ferdinand nach Frankfurt zur Kaiscrwahl. Kurpfalz wollte anfangs seine Stimme seinem baierischen Vetter geben, der aber nicht darauf ringing; dann wandte sich in seinem Namen der ritterliche Fürst Christian von Anhalt sogar an den Herzog Karl Emanuel von Savoyen; die Böhmen und die Union meinten, erst müsse Böh- men wieder versöhnt sein. Maximilian von Baiern erklärte sich für Ferdinand, der ihn in München besuchte und die alte Jugendfreundschaft erneuerte, und versprach seine und der Liga Hülfe gegen Böhmen. Sachsen sprach sich sebón darum mit den drei geistlichen Kurfürsten für Ferdinand aus, weil es von dem Plaue der Böhmen hörte, den jungen reformirteu Pfälzer Kurfürsten Friedrich V. zu ihrem Könige zu erwählen, was am 27. August 1619 auch geschah. Da wurde am 28. August Ferdinand 11. einstimmig (als endlich auch Pfalz erklärt hatte, der Mehrheit Leizutreten), zum Kaiser gewühlt, und sein Lämmermann schrieb: „Wenn cs zum Kriege kommt, hoffe ich alles Gute; niemals gab cs eine bessere Gelegenheit, den Böhmen alle Vorrechte zu entreißen." So ist's gekommen; aber Ferdinands Kaiser- Sonne ging darum blutig auf und blutig unter. Die Böhmen aber steiften sich' auf ihre Verbindungen mit den Protestanten, aus die Union, auf ihren jungen König, der durch seine schöne Gemahlin Elisabeth ein Schwiegersohn des Königs Jakob I. (Stuart) von England und Schottland war. Friedrich riethcn die wackere Mutter Luise Juliane, die Tochter Wilhelms des Schweigenden, des großen Oraniers, und des Vaters graue Räthc ab; allein er rannte dennoch in sein Verderben. Die Pfalz zog nach Böhmen! Seine Ge- mahlin hatte überdem erklärt, sie wolle lieber mit einem Könige Sauerkraut, als mit einem Kurfürsten Gebratenes essen. Am 4. November erhielt Friedrich V. in Prag die Krone. Schlesien, welches damals i6v,ooo waffenfähige Männer zählte und jetzt ganz freien reformirten Gottesdienst erhielt, erkannte ihn gleichfalls an. Aber die Krönungsfeste verrauschten endlich, und nun zeigte sich eine kahle, nackte Gegenwart und eine noch trübere Zukunft. Sein Eifer für die Reformirten, denen Scultctus auch den ganz ausgepliinderten Dom einräumte, die Zurücksetzung Thurns und Mansfelds hinter Christian von Anhalt und Hohenlohe und vieles Andere verstimmten Manchen, und die englische und Unionshülfc blieb fast ganz aus; an Sachsen (Johann Georg wäre ja für viele böhmische Lehen sein Vasall gewesen) hatte man einen Freund verloren und einen Feind gewonnen. „O, wie großer Schade," schrieb Hoenegg, „um so viel edle Länder, daß sie alle dem Calvinismo sollen in den Rachen gesteckt werden. Vom occidcntalischcn Antichrist sich losrcißcn und den orientalischen dafür bekommen (man stellte nämlich Calvinistcn und Tür- ken parallel), ist in Wahrheit ein schlechter Vorthcil." Endlich konnte Maximilian von Baiern einen vierten protestantischen Kurfürsten nicht dulden. Mit der Union hatten sich Friedrich und Böhmen verrechnet. Denn kaum hatte Maximilian am 8. Oct. 1619 mit seinem Schwager, dem Kaiser, festgesetzt, daß er für die starke Anstrengung an Geld und Leuten und für jeden Verlust vom Kaiser
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