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1. Geschichte des deutschen Volkes und des deutschen Landes - S. 466

1839 - Stuttgart : Literatur-Comptoir
46ö o-t-frfr- tesüchtige Großwesfier, Kara Mustapha, musterte 1. Mai 1683 in Gegenwart Caprara's 230,000 Mann, zu denen Tökelp noch seine Ungarn stoßen lassen wollte. Leopold hatte zuerst nur 33,000 Mann unter dem Herzog Karl V. von Lothringen. Seine Belagerung von Neuhäusel mußte dieser aber bald aufgeben, weil die Tür- ken geradezu durch Ungarn ihren Marsch auf Wien selbst richteten, von wo kaum der Kaiser unter dem Leuchten seiner brennenden Klöster und Ortschaften mit dem Hofe sich nach Linz retten konnte, und am 14. Jul. 1683 begann die Belagerung durch die Türken. Schon hatten die Renner und Brenner Hunderte von Ortschaf- ten den Flammen übergeben, 40,000 Sklaven zusammengeschleppt; Tausende von Flüchtlingen aus Wien fielen ihnen in die Hände; die Stadt war schlecht verwahrt, weil man an diese Wiederholung des Drama von 1529 nicht geglaubt hatte, aber sie besaß an Graf Rüdiger von Stahremberg einen Helden, wie 150 Jahre früher an Graf Niklas Salm, zum Commandanten; die Besatzung war 13,866, mit Bürgerschaft, Zünften, Studenten etwa 22,000 Mann. Die vielen und schönen Vorstädte ließ Graf Rüdiger selbst anzünden. Die Noth wuchs nach und nach durch die gesprengten Minen und umgestürzten Basteien, die Nothsignale mehrten sich und wurden immer dringender, die große Glocke (Angstern) auf St. Stephan heulte inimer häufiger ihr Feuer oder Sturm; schon hatten zwei türkische Fähnlein auf der Bastei geweht; aber jetzt war auch die Hülfe nah, und bereits hatte die Belagerung fast 50,000 Türken hingerafft. Dagegen war durch 26,000 Polen, 12,000 Baiern, 12,000 Sachsen, 8000 vom fränkischen und schwäbischen Kreis das Entsatzheer auf 84,000 mit 186 Kanonen angcwachsen und nahete. Da schrieb aber auch Graf Rüdiger dem Herzog Karl: „Keine Zeit mehr verlieren, gnädigster Herr, keine Zeit verlieren;" eine Garbe von Raketen stieg als höchstes Nothsignal vom Stephansthurme auf, aber eine Raketengarbe antwortete nun auch vom Her- mannskogel, an dem sich bald der rechte Flügel des Entsatzheeres anlchntc. Jetzt wurde doch dem Wessier mit seinem geträumten abendländischen Chalifat zu Wien bang, als der Kalenberg (2.) l2. Sept. 1683 wie ein Birnamswald auf sein Lager herabrückte; er warf sich auf die Erde, zerraufte seinen Bart und fluchte dem Tage seiner Geburt, dann ließ er 30,000 Christensklaven niederhauen. In der Capelle auf dem Leopoldsbcrge las vor Tagesanbruch der prophetische und heilige Capu- zincr Marcus Avianus den Fürsten Messe und segnete Heer und Fürsten ein. Sein Altardiener war der Polenkönig, der seinen Sohn dann niederkniccn ließ und zum Andenken „des größten Tags, den er erleben könne," zum Ritter schlug. Nun folgte die große, schwere Schlacht, lang unentschieden, selbst durch die Flucht einiger polnischen Regimenter bedenklich, aber durch der Oestcrreicher, Baiern und Sachsen Ausdauer und Lothringens zeitgemäßen Anfall auf den. rechten Flügel ge- wonnen. Bald fiel auch Held Rüdiger aus der Stadt, und nun wurde die Flucht der Türken allgemein. Dreißig bis Vierzigtausend, welche die Sonne hatten auf- gehen sehen, sahen sie nicht untergchen. Es wurden 370 Kanonen, viele Fahnen und Standarten (nur nicht die große Fahne des Propheten), 15,000 Zelte, das des Großwessiers aus 2 Millionen Gulden an Werth, ohne 600 Säcke Piaster noch zu rechnen, das Brod noch in den Backöfen, ungeheure Magazine von Kaffee erbeutet, und hunderttausend Stücke zusammengetriebenes Schlachtvieh. Wenigstens 50 Prin- zen waren bei dem christlichen Heere gewesen, schon berühmte oder später erst hoch- gefeierte Namen, wie der 19jährige Eugen von Savopen; man hätte den Kampf eine Nationalschlacht nennen mögen, und von keiner haben sich so viel Trophäen durch ganz Deutschland verbreitet. Fast jede bedeutende Bibliothek hat wenigstens einen Koran aus dem türkischen Lager aufzuweiscn, und die Zeughäuser prahlten mit Roßschwcifcn und Halbmonden. — Die Türken wurden sodann nach Ungarn hinein verfolgt, Graf Stahremberg bekam den Stephansthnrm in sein Wappen,
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