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1. Geschichte des deutschen Volkes und des deutschen Landes - S. 491

1839 - Stuttgart : Literatur-Comptoir
->a 491 ck berstadt, Minden, Camin, Magdeburg, Hinterpommern und den Bereicherungen aus der jülich-cleve'schen Erbschaft, freilich noch zerstückelt und unterbrochen, vom Rheine bis an den Memel. Dazu kamen die Anwartschaft auf Osifriesland und die Herrschaft Limburg, die Erwerbung von Obcrgcldcrn (1713), Ncufchatel und Valengin (1707), die Fürstcnthümer Mcurs und Lingen, das schwedische Vor- pommern zwischen der Peene und Oder mit den Jnieln Wolliu und Usedom (1720), so daß sich dieser Staat auf 2,300.000 Seelen belief. Begreiflich, daß mit einem gefüllten Schatz von 9 Millionen Thalcrn und einem Heere von 72,000 Manu ein Friedrich Ii. seine ihm verkümmerten Rechte auf Schlesien wieder zu beleben trachtete! — Auch die jüngere braunschweigische Linie zu Calenberg vergrößerte sich 1705 mit dem Fürstenthum Zelle, dem Herzogthum Lauenburg (nach dem hef- tigen Erbfolgeftreit mit Kursachseu), mit Bremen und Verden (1719) und der schon 1692 ertheilten Kurwürde. Doch solche größere Massen waren in Deutschland nicht viele. Man konnte nöthigeufalls auf einer Tagreise bald rcpublicanische, bald monarchische, bald de- spotische, bald erbliche oder Wahlrcgierungcn finden; in jedem neuen Gebiete neue Sitten, Gesetze und Justiz, neue Polizei und Münzen, neue Steuern, Posten und Soldaten. Daher konnten auch allgemeine Reichsschlüsse nur wenig mehr in die innern Angelegenheiten der einzelnen Staaten eingreifen. Allein bei aller Ver- schiedenheit der Größe. bemerkte man doch in den Fürstenstaaten fast durchgängig eine strenger geübte Landeshoheit, besonders den Vertretern der oberen Unterthancn- classen, den Landständen, gegenüber. Denn an eigentliche Volksvertretung nach allen seinen Theilen und Interessen, d. h. an eigentliche Repräsentation, war damals noch nicht zu denken. In mehren Staaten bestanden gar keine (wie in der Pfalz); in andern nur Prälaten und Städte (wie in Würtemberg). Höchst selten hatte der Bauernstand ein Wort mit zu sprechen. In andern Stauten, wie in Baieru und Brandenburg, waren die Stände in einen blosen Ausschuß (Land- tagsvcrordnete) übergegangeu oder zu einer blostn Behörde für Vcrtheilung und Erhebung der Steuern herabgesunken. Da Geistlichkeit und Ritterstand meist Steuerfreiheit errungen hatten, fiel die Last der übernommenen Landschulden und der verwilligten Steuern auf ihre Hintersassen und Bürger und Bauern. Selbst das stehende Heer des Fürsten mehrte zwar die Ausgaben ungemein, minderte aber das ständische Ansehen. Wenigstens brauchte nun der Fürst mit seiner adeligen Lehensmiliz nicht mehr zu capituliren, ob sic satteln wolle oder nicht. Weil Rcichs- und Kreissteuern längst schon den Ständen aufgehalsct waren, so wie die Kosten zu Gesandtschaften, zu Reichs-, Deputations- und Kreistagen oder zur Besetzung und Erhaltung der nöthigen Landesfestungen und Garnisonen: so dehnte man die Beitragspflichtigkeit der Stände immer weiter aus, z. B. zur Aufbesserung des Kammergutes, zu den Milizgeldern, Aussteuerungen der Prinzessinnen. Ja, es kommen auch wohl ständische Beiträge zu Gevatterschaften, zu Bade- und andern Reisen der Fürsten vor; und als einmal ein regierender Reichsgraf das Bein ge- brochen hatte, wurde ihm eine Beinbruchsteuer verwilligt und lange Jahre bezahlt! Die Zahl der Steuern mehrte sich zusehends. Man erhob Grund-, Vieh-, Con- fumtions-, Trank-, Fleischsteuer, Aceise, Licent nur als die gewöhnlichen. Was außer dem Militair und dem viel größeren Rcgicrungs- und Beamtcnper- fonale die Ausgaben ungemein crhöhete, war besonders der immer glänzender werdende Hofstaat. Da sich die Kurfürsten durch das Recht, Gesandte ersten Ranges zu schicken, und durch den von Königen erhaltenen Brudcrtitel den wirk- lichen Königen angeschlosscn glaubten, meinten sic sich auch berechtigt, einen könig- lichen Hofstaat zu halten. Statt der Kammerjunker kamen nun die Kammerhcrren; es lamcn Oberhofämtcr, und die geheimen Räihe hießen Minister und Ercellenz.
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