1842 -
Berlin
: Sander
- Autor: Riedel, Karl, Hillert, Adolf
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Inhalt: Zeit: Alte Geschichte, Antike
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Griechenland.
zu viele Gewalt in die Hände des Volks gegeben. Leicht konnte da-
her die Menge durch die Umtriebe von Unruhestiftern zur Einwilligung
in die Tyrannis, oder wenigstens zu Unordnungen verleitet werden.
Noch während Solon lebte, erhielt (561) Pisistratus mit Hülfe der
ärmern, aber zahlreichem Bürger die Alleinherrschaft über Athen.
Zwar wurde er, hauptsächlich durch den Alcmäoniden Megaclcs, zwei-
mal (560 und 552) vertrieben, aber nachdem er (538) sich zum
drittenmal der Tyrannis bemächtigt hatte, behauptete er dieselbe bis
au seinen Tod (528), und sie erbte sogar bei seinen Söhnen fort.
Uebrigens war Pesistratus keineswegs Tyrann in unserm Sinne des
Worts, vielmehr war, so lange er an der Spitze der Regierung stand,
sein Leben dem Heile Attika's geweiht. Seine Milde und Wohlthätig-
keit konnten selbst seine Gegner nicht verkennen. Er suchte, wie Solon,
den Müßiggang aus Attika zu verbannen, und besonders beit Acker-
bau, welchen man zu vernachlässigen anfing, emporzubringen. Selbst
gebildet und ein trefflicher Redner förderte er Künste und Wissenschaf-
ten. Er schmückte Athen mit prächtigen, öffentlichen Gebäuden, er
sammelte zuerst Bücher und brachte Homer's Gesänge in die Ordnung,
in welcher wir sie jetzt besitzen. In gleichem Sinne regierten auch
seine Söhne Hippias und Hipparch. Der Letztere verordnet, daß der
öffentliche Vortrag der Homerischen Gesänge einen Theil der Unter-
haltung bei der panathenäischen Festlichkeit ausmachen sollte, auch rief
er die Dichter Anakreon und Simonideö zu sich.
Doch brach im Jahre 514 eine Verschwörung gegen beide Brüder
aus. Hipparch hatte die Schwester eines gewissen Harmodius öffent-
lich beleidigt. Harmodius verband sich daher mit seinem Freunde
Aristogiton, und Hipparch fiel unter ihren Dolchen. Von nun an
regierte Hippias strenge, aber desto eifriger suchtet) die Alkmäoniden,
welche Pesistratus aus Athen verbannt hatten, die alte Verfassung
ihres Vaterlandes wieder herzustellen. Mit Hülfe der Spartaner ge-
lang es auch wirklich diesen Verbannten sich im Jahre 510 Athens
zu bemächtigen und den Tyrannen Hippias zu vertreiben. Klisthenes,
der Sohn des Megakles, stand nun an der Spitze des attischen
Staates. Aber bald bildete sich unter Jsagoraö eine Partei wider
ihn, welcher viele Große Athen's beitraten. Desto mehr schmeichelte
Klisthenes der Menge. Er bewirkte eine neue Eintheilung des atti-
schen Gebietes und Volkes, indem er statt vier Stämme, zehn machte
und ihnen neue Namen gab. Auch vermehrte er den Senat mit hun-