1827 -
Leipzig
: Brockhaus
- Autor: Meynier, Johann Heinrich
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Europäische Geschichte
mit seinem Heere, das in Böhmen stand, zu Hülfe zu
eilen; er ließ sich sieben Kuriere schicken, ehe er sich in
Bewegung setzte, und kaum hatte er sich in Baiern ge-
zeigt, so entfernte er sich wieder. Der Kaiser befahl hier-
auf dem General Suys, der mit einer Truppenabthei-
lung im Oestreichischen stand, nach Passau vorzurüäv-:.
Wallenftein erfuhr es, schickte dem Suys sogleich
Befehl zu, wieder umzukehren, und drohte, ihm den Kopf
vor die Füße legen zu lassen, wenn er ihm, seinem Ober-
general, nicht mehr gehorchte als dem Kaiser. Bcrmuthlich
suchte Wallenftein durch dieses Benehmen eine zweite
Absetzung zu veranlassen, die ihm dann Ursache gegeben
haben würde, auf einmal loszubrechen, und Ferdinand Ii.
den Gehorsam aufzukündigen.
Obgleich dies nicht geschah, so wollte er nun doch
den gefährlichen Schritt wagen. Er hatte großen Glau-
den an die Sterndeuterei, und die Sterne hatten ihm ein
Königreich verheißen. Jetzt stand es in seiner Macht, sich
es zu verschaffen. Zuerst vertraute er diese geheimen Ab-
sichten seinem Schwager Trczka, seinem Vetter Kinsky
und dem Feldmarschall Jllo an, die er vorher nach bestem
Vermögen gegen den Kaiser aufgehetzt hatte. Jllo, ein
heftiger, aufbrausender Mann, hatte noch persönlich über
Ferdinand Ii. zu klagen, und war durch seine stürmi-
sche Beredtsamkeit mehr als irgend ein Anderer geeignet,
das Heer zu einem Aufruhr aufzuwiegeln. Noch schenkte
Wallen stein sein Vertrauen einem vierten Manne, sei-
nem Freunde, dem Generallieutenant Piccolomini, auf
den er besonders rechnete, weil er mit ihm unter einerlei
Constellation geboren war. Allein Piccolomini erschrak
vor einem solchen Unternehmen, rieth davon ab, machte
Vorstellungen. Wallenftein widerlegte jeden Einwurf,
und nun schien der Freund Alles zu billigen und versprach