1827 -
Leipzig
: Brockhaus
- Autor: Meynier, Johann Heinrich
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Europäische Geschichte
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möglich die Preußen ganz daraus zu vertreiben. Nichts
schien leichter, da Prinz Heinrich, der das Land ver-
theidigte, nur ein ganz schwaches Heer unter seinen Be-
fehlen hatte. Allein Friedrich eilte noch zu rechter Zeit
zu seines Bruders Unterstützung herbei, vereinigte sich mit
ihm, lagerte sich dem Feldmarfchall Daun gegenüber in
ein offenes Lager und bot ihm eine Schlacht an.
Beide Heere standen bei Hochkirchen, unweit Lo-
bau, und König Friedrich war im Besitz dieses Dor-
fes. Dauns Lager war stark befestiget, das seinige nicht,
denn der König ließ sich nicht die Möglichkeit träumen,
daß sein Gegner, der sich immer nur vertheidigungsweise
verhielt, einen Angriff wagen würde; er achtete daher
auch nicht auf die Warnungen seiner Generale, die ihn
aufmerksam machten auf die Gefahr, worin er schwebte.
Die Oestreicher verdienten aufgeknüpft zu werden, wenn
sie uns nicht angriffen, sagte frei heraus General Keith.
— Ich hoffe, sie sollen sich vor uns noch mehr fürchten
als vor dem Galgen, erwiederte der König. Gleichwohl
nahm er sich vor, seine Stellung am folgenden Tage zu
verändern; allein Daun ließ ihm nicht Zeit dazu, sondern
machte in der Stille alle Anstalten zu einem nächtlichen
Ucberfalle. Schon in der Nacht vom 13. zum 14. Octo-
bcr verließen seine Truppen das Lager und singen an, die
Preußen zu umzingeln. Gegen Morgen kamen ganze
Haufen östreichischer Soldaten, die sich für Ueberläufer
ausgaben, und ganz in der Stille die preußischen Vorpo-
sten und Feldwachen überwältigten. Es schlug fünf Uhr
in dem Dorfe Hochkirchen, als die Preußen durch ihre ei-
genen Kanonenkugeln aus dem Schlafe geweckt wur-
den. General Laudon hatte sich mit seinen Panduren
dem preußischen Heere in den Rücken geschlichen, das
Dorf Hochkirchcn anaezündet, die Preußen daraus ver-