1827 -
Leipzig
: Brockhaus
- Autor: Meynier, Johann Heinrich
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Europäische Geschichte
52.
Johann Jacob Rousseau«
(Test. 1778.)
I. I. Rousseau war nicht Dichter wie Voltaire,
aber einer der ausgezeichnetsten Prosaisten; nicht leicht
und geschmeidig wie jener, aber tiefer und ergreifender.
Voltaire zeigte sich überall als ein feiner Weltmann,
Rousseau als ein halb rohes Kind der Natur. Eine
Frau von Epinay, Rousseaus Freundin, nannte ihn
öfters, seines menschenscheuen, einsamen Lebens wegen,
ihren lieben Baren, und dieser Name mißfiel ihm nicht.
Dieser berühmte Sonderling war der Sohn eines
genfer Uhrmachers und wurde im Jahr 1712 geboren.
Er sing sehr frühzeitig an zu lefen, und las mit seinem
Vater, dem diese Leselust gefiel, eine Menge guter und
schlechter Bücher. In seinem zwölften Jahre wußte er
den Plutarcb fast auswendig, und dem Eindruck, den das
Lefen dieses Schriftstellers auf seine Seele machte, ist der
stolze und unbiegfame republikanische Sinn zuzuschreiben,
durch den sich Rousseau auszeichnete. Seine übrigen Kin-
derjahre brachte er bei einem Landprediger zu; dann kam
er in die Lehre zu einem Uhrgraveur, einem rauhen und
unfreundlichen Mann, von dem er mit solcher Harte be-
handelt wurde, daß er ihm entlief. Er irrte nun eine
Zeit lang in der Gegend von Genf herum und kam, auf
die Empfehlung eines savoyifchen Geistlichen, nach Annecy,
zu einer verwittweten Frau von Warens, die in der
Folge seine Wohlthaterin wurde. Von ihr ließ er sich be-
wegen, nach Turin zu gehen und die katholische Religion
anzunehmen. Hülflos und ohne Aussichten mußte er es
für ein Glück halten, in dieser Stadt erst von einer Grä-
fin von Vcrcellis, dann von einem Grafen von Gou-
von als Bedienter angenommen zu werden. Er konnte