1823 -
Elberfeld
: Büschler
- Autor: Kohlrausch, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
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Karl V in Frankreich.
din's Heer, welches sich in der Ebene vor Tunis gestellt
hatte, wurde darauf gleichfalls in die Flucht geschlagen und
die Stadt erobert; die in dem Schlosse derselben eingesperr-
ten christlichen Sklaven halfen nach besten Kräften mit ge-
gen die Türken, und Karl hatte am Ende die unaussprech-
liche Freude, 22,000 dieser Unglücklichen, aus allen euro-
päischen Völkern, gerettet zu sehen, die Thränen ihres Dan-
kes zu empfangen, und sie der Freiheit und den Ihrigen,
welche sie wohl lange für todt gehalten, wiederzugeben. Er
selbst versicherte, daß dieses einer der schönsten Tage seines
Lebens sey. Sein Ruhm verbreitete sich in alle Länder;
er verdiente ihn durch die Ausdauer und Tapferkeit, welche
er selbst bei dem gefahrvollen Unternehmen hewiesen hatte;
und zugleich hat er ein Beispiel gegeben, wie die unmensch-
lichen Räuber auf den Küsten Afrikas mit Ernst und Kraft
gar wohl gebändigt werden können^
Den König Haften setzte er wieder in Tunis ein, ver-
bot ihm aber allen Raub von Christenklaven, und hielt, zum
Unterpfand des Gehorsams, die Festung Goketa besetzt.
Haradin war nach Algier entflohen; ihn beschloß Karl nn
nächsten Frühjahr auch dort aufzusuchen.
f Hieran verhinderte ihn aber ein neuer Krieg mit dem
Könige von Frankreich. Dieser erneuerte seine Ansprüche
an Mailand, als der bisherige Herzog, Franz Sforza,,
gestorben war; und um sich den Weg nach Italien zu sichern,
besetzte er unerwartet und gewaltsam das Herzogthum
Savoyen, an dessen Herzog er gleichfalls Forderungen
machte. Karl sah die Nothwendigkeit des Krieges, und
beschloß, ihn mit aller Kraft in das südliche Frankreich selbst
zu versetzen. Ungewarnt durch den unglücklichen Ausgang
des ersten Einfalls unterdemherzog von Bourbon, wagte
er einen solchen 1536 von Neuem, drang bis Marseillf
vor und belagerte die Stadt. Allein sse war zu fest, und
die Gegend umher von den Franzosen selbst verwüstet;
Mangel und Krankheiten nöthigteu den Kaiser nach zwei
Monaten zum Rückzüge, bei welchem viel Geschütz und Ge-
päck verloren gieng.
Es kam darauf, durch Vermittlung des Papstes, 1538
ein Waffenstillstand zu Nizza auf zehn Jahre zu Stande,
und bald darnach hielten die beiden Gegner eine Zusam-
menkunft zu Aiguesmortes, an der Mündung des
Rhoneflusses. Die Einladung dazu war vom König Franz
ausgegangen; des Kaisers Räthe fanden es bedenklich, daß
er sich auf französischen Grund und Boden begeben sollte;
allein ihm selbst gesicl die Sache, des Außerordentlichen
wegen, um so mehr. — Als er vor dem Hafen allkam, fuhr