1818 -
Elberfeld
: Büschler
- Autor: Kohlrausch, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
Der Reichstag zu Worms. 2$
und oft sogar Gefahren, blosgestkllt. Auf dem
Reichstage forderte er nun die strengsten Maaßre-
geln gegen den, der schon als Ketzer verdammt
sey, und legte den Fürsten zugleich eine Anzahl
von Sätzen aus Luthers Schriften vor, um zu
beiveisen, daß er wirklich in Glairbenssachen von
den Leb re n der Kirche, und namentlich denen der
Kostnitzer Kirchenversannnlung, abweiche. Allein
der Churfürst von Sachsen trat dagegen auf und
forderte, man müsse Luther selbst Horen, ob er die
Schriften, aus denen jene Satze gezogen seyen,
auch als die feinigen anerkenne. Dieser Meinung
pflichteten der Kaiser und die Fürsten bey; der
Kardinal aber redete dagegen; denn, was dlirch
den Papst schon entschieden sey, dürfe nicht erst
von einer Neichsversammlung, aus geistlichen und
weltlichen Gliedern gemischt, untersucht werden.
Aber man erwrederte? nicht Luthers Glaube solle
untersucht, sondern nur er selbst gehört werden,
ob er das wirklich gelehrt habe und lehre, wes-
halb er verdammt sey; und so wurde er vor den
Reichstag gefordert. Es war dieses einer der wich-
tigsten Schritte in der Reformationsgeschichte;
Lnthers Sache wurde dadurch öffentlich zu einer
Nation alangelegenheit gemacht.
Seine Freunde, besonders der Churfürst von
Sachen, forderten nun für ihn das sichere, Kai-
serliche Geleit ; er wurde ihm gewährt und er trat
die Reise von Wittenberg nach Worms an. Auf
dieser Reise lernte er selbst die Stärke seines An-
hanges kennen; denn das Volk strömte von allen
Seiten zu Tausenden herbei, ihn zu sehen und zu
begrüßen; und als er am Tage nach semer An-
kunft zu Worms in die Reichsversammlnug ge-
führt werden sollte, mußte ihn der Reicbserbmar.
schall durch Gärten und Hinterhäuser führen: so
groß war das Gedränge des Volkes. Sein An-
blick machte auf die Anwesenden nicht den gleichen
Eindruck;-der Kaiset Karl soll, zu seinem Nach-
bar sich wendend, gesagt haben: „Dieser brächte
es nie dahin, daß ich ein Ketzer würde." Auch