1817 -
Elberfeld
: Büschler
- Autor: Kohlrausch, Friedrich
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
s
Einleitung.
So ist es bei rohen Völkern häufig; aber dane-
den war und ist bei keinem die edle Naturanlage,
die Zucht und Ordnung, die Keuschheit , die Treue,
die bei den Teutschen war; keines ist, bei welchem
ein Wort so viel galt, als bei ihnen; denn es galt
ihnen mehr, als ihren Nachkommen die Eidschwüre.
Sie waren ein tapferes, freies, züchtiges, gerechtes
und ehrenfestes Volk. Dort lächelte niemand, wie
der Römer sagt, über Laster, und verderben oder
sich verderben lassen, hieß nicht vornehmer Ton;
denn bei ihnen vermogten gute Sitten
mehr, als anderswo gute Gesetze.
Die Mutter ernährte ihre Kinder an der eigenen
Brust; sie wurden nicht Mägden und Ammen über-
lassen. Dafür verehrten die Teutschen auch die tu-
gendhafren Frauen sehr hoch; ja, sie glaubten, es
sey ihnen etwas Heiliges und Ahndungsvollcs einge-
borcn, so daß sie ihren Aussprüchen oft in entschei-
denden Augenblicken folgten.
Zu der Morgengabe der Frau gehörte auch
ein Schlachtroß, Schild und Waffe; eine Gabe, die
bei einem Volke nicht unnütz war, wo die Frauen
oft dem Heere in den Krieg folgten. Die Frau sollte
sich nicht außerhalb der Tapferkeit, des Krieges und
der Waffen halten, und sie wurde daher durch diese
heiligen Zeichen der beginnenden Ehe erinnert, sie
komme als Gefährtin der Arbeiten und Gefahren
des Mannes, im Kriege wie im Frieden, und so
müsse sie leben, und so sterben; sie empfange etwas,
das sie unverletzt und würdig ihren Kindern überge-
den, und was ihre Schwiegertochter wiederum erhal-
ten solle, um es den Enkeln zu überliefern. Und
so war diese Gabe gleichsam die geheime, heilige
Weihe, und dre Schutzgotthett der Ehe.