1839 -
Leipzig
: Gebhardt & Reisland
- Hrsg.: Flathe, Ludwig
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Erstes Buch.
men standen, gedachte Clemens Vh. in Aufstand zu bringen. Seine
Seele war in diesem Augenblicke voll von italienischen Gefühlen wie
die Seele Julius Ii.
Unter diesen Bewegungen hatte Karl V. seine Erwartungen
1525 herabgestimmt. Er hatte am 11. Aug. 1525 Waffenstillstand mit
Frankreich geschlossen. Es kam zwischen ihm und dem gefangenen
König der Tractat von Madrid zu Stande 14. Jan. 1526.
Franz I. entsagte allen Ansprüchen auf Italien, versprach den König
von Navarra zur Ablegung dieses Titels zu bewegen, und trat das
Herzogthum Burgund an den Kaiser ab. Ein Stück von Frankreich
schien Kaiser Karl V. also doch gewonnen zu haben. Aber Franz I.
hatte, ehe er den Tractat schwur, im Angesichte dreier Ritter erklärt,
daß Tractat und Eid als abgenöthiget von ihm nicht gehalten wer-
1526 den würden. Am 18. März 1526 ward Franz I. an der Grenze
gegen seine beiden Söhne, die Geiseln für die Erfüllung des Trak-
tats,- ausgewechselt. Das Unglück von Pavia hat Franz I. gebro-
chen. Er erscheinet weder so rüstig mehr als er früher gewesen, noch
so gerade. Sehr oft nimmt er seitdem zu schlechten und kleinen
Mitteln seine Zuflucht. Er scheint mehr sich selbst als die großen
europäischen Angelegenheiten im Auge zu haben. Den Tractat von
Madrid ratisicirt er nicht und versammelt die Notabeln seines Rei-
ches, um dem Kaiser erklären zu lassen, daß er Burgund nicht er-
halten werde: der König habe erst einen anderen und höheren
Schwur geleistet, das Reich zu erhalten. Franz I. ist, wie Kaiser
Karl V., auch kein Freund der alten Freiheiten. Die Generalstaaten
werden von ihm gar nicht berufen. Die Notabeln des Reiches, die
von dem König selbst zusammenberufenen Großen und Bischöffe,
sollen sie ersetzen. Kaiser Karl V. sieht sich also in seiner Erwar-
tung, etwas Kleineres doch gegen Frankreich zu erreichen, getäuscht.
Der Krieg geht ohne Unterbrechung fort. Besonders die italieni«
1526 scheu Mächte treten nun auf. Am 22. Mai 1526 ist zwischen Eng-
land, Frankreich, Venedig, dem Pabste und Franz Sforza, welcher
vor den Spaniern hat aus Mailand entweichen müssen, ein Bünd-
niß geschlossen worden. Es wird nicht gesagt, daß die Spanier aus
Italien getrieben werden sollten, es wird nur gesagt, daß die ita-
lienischen Mächte, und besonders Franz Sforza, wieder in ihre Rechte
einzusetzen. Aber Pabst Clemens Vll. besonders denkt an diese Vertrei-
bung der Spanier. Allenthalben sucht er im spanischen Italien Re-
bellionen gegen den Kaiser zu stiften. Ein päbstliches und ein vene-
tianisches Heer tritt gegen die Spanier auf. Aber nur schwach
werden die Anstrengungen der Italiener von Franz I. unterstützt. Er
hat die alte Kraft nicht mehr, auch scheinet er diese Regung des