1839 -
Leipzig
: Gebhardt & Reisland
- Hrsg.: Flathe, Ludwig
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Geschlecht (WdK): Jungen
T)k Autokratie, 329
Beziehung auf materielle Mittel und Kräfte forterhalten werden
könne.
Schon im Jahre 1770 besetzten Preußen und Oestreich einen
Theil Polens, aber es währte noch lange, ehe sich die drei Mächte
vereinigten, ehe Katharina auf den Gedanken der Theilung einging.
Sie nahm ihn endlich als eine Nothwendigkeit, der sie sich fügen
müsse. Ursprünglich russisch war er nicht, ursprünglich russisch war
nur der Gedanke, ganz Polen allein zu gewinnen, die beiden slavi-
schen Hauptvölker, die Russen und die Polen, zu vereinigen unter
einem Herrnthum. Die Kaiserin fügte sich endlich, sie versprach,
Frieden mit der Pforte zu schließen, ohne Eroberungen zu machen
und aus den Gedanken der Theilung einzugehen. Am 5. Aug. 1772 1772
schlossen die Machte den Tractat der ersten Theilung, durch den
etwa ein Drittheil des polnischen Gebiets hinweggenommen ward.
Wehr- und waffenlos standen die Polen da. Sie hatten ja seit
Jahrhunderten dafür gesorgt, daß sie so frei als möglich wären, daß
Königthum und Staat ja keine Mittel und Kräfte hätten, die Frei-
heit des polnischen Adels einzuschränken. Freilich waren nun zugleich
keine Mittel und Kräfte da, das Reich, die Nationalität zu retten,
und man bezahlte die Freiheitsnarrheit mit dem Untergange. Der
Reichstag, welcher auf das Gebot der Fremdmächte berufen werden
mußte, wehrte sich freilich auf das Aeußerste, ehe er die Abtretungen
guthieß. Endlich aber 1775 mußte der bittere Tractat doch genom- 1775
men werden. Daran war es nicht genug. Die Fremden geboten
auch noch, daß Polen in seiner Freiheits-Anarchie bleibe, damit
die Reste des Staates nicht erstarken möchten. Preußen und Oeft-
reich zogen ihre Truppen aus den gebliebenen Theilen Polens zurück,
die Russen aber blieben. Katharina H. bestimmte in ihren Gedanken,
daß an die Fremden weiter nichts kommen solle; die Slaven müssen
zusammen unter das slavische Herrnthum. Das ist seitdem der lei-
tende Gedanke der russischen Politik.
Was aber die Pforte anlangte, so hielt die Kaiserin ziemlich
das Wort, welches sie den beiden anderen Mächten gegeben, keine
Eroberungen zu machen. Sie schloß mit dem Sultan Abdulhamid,
denn Mustapha Hl. war 24. Decbr. 1773 gestorben, den Frieden
von Kainardji 10. Juli 1774, keinesweges jedoch so, daß sie gar 1774
nichts gewönne oder die Aussichten für die Zukunft verlöre. Zuerst
müssen die Tataren der Krim für unabhängig von der Pforte erklärt
werden, damit sie bald von Rußland genommen werden könnte,
zweitens empfängt Rußland das Recht, für die Christenbessarabiens,
der Moldau und der Walachei bei der hohen Pforte zu sorgen,
damit Rußland allen Christen auf dem Boden des türkischen Rei«