1829 -
Elberfeld
: Büschler
- Autor: Kohlrausch, Friedrich
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 9
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
Erhaltung des Religionsfn'edens. 381
1vvwwv1 Vv'vwa \V1\%»Vv1v\1\\V\V»\V\»V\\\1 »m\\\U\Wv»\Vm\1
entstehen müsse; allein die Gefahr ging noch^ einmal glücklich vor-
über. Karl und Ferdinand waren sonst beschäftigt; auch mochten
sie fühlen, daß es nicht edel gewesen war, durch ein fremdes
Land, wenn auch unter dem Schein des Rechtes, ibre schon so
große Macht zu vermehren; und von der andern Seite batten
die übrigen Glieder des schmalkaldischen Bundes keinen Antheil
an der That des Landgrafen, sie suchten vielmehr durch die
größte Nachgiebigkeit die Sache wieder ins Gleiche zu bringen.
So kam der Friede zu Kadan in Böhmen zu Stande, in
welchem Herzog Ulrich sein Land als östreichisches Asterlehen wie-
der bekam, der Nürnberger Religionsfriede bestätigt wurde, und
der Cburfürst von Sachsen sammt seinen Mitverwandten dagegen
den römischen König Ferdinand förmlich anerkannte. Und um
wenigstens die Würde des Reichsoberbauptes aufrecht zu halten,
wurde ausgemacht, daß der Landgraf und Herzog Ulrich den
Kaiser in Person, und den König Ferdinand durch Abgeordnete,
fußfällig wegen ihres Landsriedensbruches um Verzeihung bitten
sollten.
Auch eine andere Zwischen-Begebenheit, welche wichtig zu
werden schien, unterbrach den Frieden für das Ganze nicht; das
waren die U n r u b e n d e r W i e d c r t ä u f e r i n M ü n st e r, in den
Jahren 1533 bis 35. Die Grundsätze des Thomas Münzer von der
christlichen Freiheit und Gleichheit und von der Gütergemeinschaft,
so wie der Glaube an unmittelbare göttliche Offenbarungen, waren
noch nicht ausgerottet, sondern hatten sich besonders in Holland
unter der Sekte der sogenannten Wiedertäufer erhalten. Sie
verlangten, daß die Menschen Buße thun und sich von Neuem
taufen lassen sollten, damit der Zorn Gottes nicht über sie komme.
Zwei ihrer schwärmerischsten Redner, Matthießen, ein Bäcker
aus Hartem, und ein Schneider, Johann Bockhold oder
Bockelsohn, von Leiden, kamen 1533 nach Münster- als dort
eben durch einen Prediger Roth mann die lutherische Lehre ein-
geführt war, gewannen diesen auch für die Wiedertause, und ver-
trieben nun, mit Hülfe des Pöbels und eingewanderter Wieder-
täufer aus andern Gegenden, die vermögenden Bürger aus
der Stadt, errichteten einen neuen Magistrat und führten Gemein-
schaft der Güter ein. Ein jeder mußte, was er an Gold und
Silber und sonst von Werth besaß, in einen öffentlichen Schatz
niederlegen, und eben so wurden die Kirchen ihrer Kostbarkeiten
beraubt, die Bilder zerschlagen, und alle Bücher in der Stadt,
die Bibel ausgenommen, öffentlich verbrannt.— Zu der Schwär-
merei gesellte sich, wie fast immer bei rohen Gemüthern, Herr-
schaft der Sinnlichkeit und gewaltige Ausartung der Leidenschaften.
Es wurde als ein Theil der christlichen Freiheit anerkannt, daß
ein jeder mehrere Frauen haben dürfe, und Johann von Lei-
den gab das Beispiel, indem er drei zugleich heiratbete. Endlich
rief ihn einer seiner Anhänger, der sich besonderer göttlicher Ein-
gebung rühmte, Johann Du senk sch ur aus Warenvorf, zum