1827 -
Erlangen
: Heyder
- Autor: Böttiger, Carl Wilhelm
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- 96 -
Bande an sich zu knüpfen wünschten. Dafür mußten
die Beliehenen dem Verleiher (Lehnsherr) sich zu ganz
besonderer Treue und Dienstbarkeit verbinden, so lange
sie' das sogenannte Lehen behalten wollten. Diese
Dienste waren entweder Kriegs - oder Hofdienste, und
weil wiederum mit solchen Diensten, zum Beispiel dem
Militairbefehl in einem Distrikte, oder einer Hofwürde
gewisse Vortheile und wenigstens größerer Schutz von
Seiten des Lehnherrn verbunden waren, suchte man
sehr eifrig, Mann, Dienstmann oder Vasall eines
Mächtiger» zu werdend Allein indem diese Leute nur
dem Lehnherrn besonders verpflichtet waren, wurden sie
dem Interesse deö Staates entfremdet, und oft gegen
den wahren Staatsvortheil gebraucht. Nun traf sich
besonders späterhin wohl gar, daß ein solcher Lehnbe-
sitzer den geliehenen mit dem eigenen Besitz vermischte
oder sich in seinem Lehen so fest setzte, daß er nicht
ohne Gefahr wieder verdrängt werden konnte, also auf
Lebenszeit; wohl gar auch erblich das Lehn erhielt;
traf es sich wohl auch, daß wer z. B. ein Richter-
oder Grafenamt über einen ganzen Bezirk oder Gau zu
Lehen hatte, dieses Amt und seinen Bezirk durch lan-
gen Besitz, wie sein erbeigen oder Allode betrachtete,
und daß man endlich fast alle Aemter, Würden, Titel,
Güter in solche Lehen verwandelte, daß es also wenig
eigentlich Ganzfreie mehr gab, sondern sich alles den
Mächtiger« zu Dienst verschrieb, und diese dadurch ein
der allgemeinen Freiheit sehr gefährliches Ansehen er»
hielten, indem ihre Mannen bald ein stehendes, immer,
gleichviel für welchen Zweck, kampffertiges Heer bilde-
ten, und die übrigen Freien in knechtischem Gehorsam
hielten'.
So fiel denn auch die Freiheit der Berathung
auf den allgemeinen Reichstagen oder Volksversamm-
lungen immer mehr weg, und ein neuer Stand, aber
auch ein Staat im Staate bildete sich. Selbst Geist-
liche erhielten die Güter der Kirchen unter der Lehns-
form und mußten dafür Hof- oder Kriegsdienste thun.
Nicht minder eigenthümlich waren die verschiedenen, bis
ins üte Jahrhundert hinaufreichenden Gesetzbücher de
einzelnen germanischen Völker, z. B. der Franke»