1849 -
Heidelberg
: Winter
- Autor: Dittmar, Heinrich
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
§. 3. Die Sündfluth und die Noachtten.
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Als nach einem Jahre die Fluth sich zum Theil wieder ver-
laufen hatte, so daß zunächst die hohem Bergzüge und Hochebenen
hervortratcn, stieg Noah aus seiner Arche auf die in ihrer Ober-
fläche völlig veränderte Erde, die noch heute die frischen Spu-
ren einer untergegangenen Geschöpfswelt als Denkmal des gewal-
tigsten Gottesgerichts und als Warnungszeichen für das neue durch
Noah fortgesetzte Menschengeschlecht enthält.
Als Stammvater des neuen Menschengeschlechts findet sich Noah, nur ent-
stellt, im Deukalion der Griechen, im Menu und Satyavrata der
Inder, im Foht der Chinesen, im Xisuthrus der Chaldäer oder Altbaby-
lonier, im Dwiw an der Kelten u. s. w. Denn fast bet allen Hauptvölkern
der Erde lebt die Erinnerung an diese allgemeine Fluth, an den Unter-
gang des ersten Menschengeschlechts, und an die Fortsetzung desselben durch ein
oder mehrere Menschenpaare, und je näher jene Völker an dem Ursitze des neuen
Menschengeschlechts wohnen, desto mehr stimmt ihre Überlieferung, oft fast
wörtlich, mit der Aussage der heil. Schrift, dieser ältesten echten Geschichts-
quelle, überein. Demnach ist die Noahsage „Ureigenthum der Menschheit" und
das hebräische Volk hat den Vorzug, diese Urertnnerung in ihrer Reinheit zu
besitzen, indeß die zerrüttete Phantasie der Heidenwelt sie mannigfach getrübt
und dadurch zur Mythe herabgezogen hat.
Noch finden sich die letzten Naturcrzeugntsse einer durch
Wasser untergcgangenen Vorwelt über alle Theile der Erde hinweg
unter ungeheuerm Geröll und Kiesablagcrungen und andern einhüllendcn Massen
begraben. Denn da das Gewässer sich vcrhältnißmäßig nicht langsam vermin-
derte und also die Erdatmosphäre ihre Wärmebefähigung durch die Sonne nicht
verlor: so konnten auch die auf der äußersten Erdoberfläche einzeln in ihre
Elemente sich auslösendcn Überreste der organischen Geschöpfe nicht alle verwesen
und vergehen, sondern indem sie meist gleich an ihren ursprünglichen Wohnsitzen
von der Fluth begraben, theils von ihr in die Ferne fortgetragen wurden,
ließen sic noch Spuren ihres ehemaligen Daseyns zurück, wie sie als riesige
Pflanzen - und Thierreste in Sibirien wie in der Tartarei, in Nord-
amerika wie in Paraguay, in England wie in andern europäischen Ländern
aufgesunden worden sind und dadurch zugleich von der Allgemeinheit der
Fluth Zcugniß geben.
Was die ältesten Überlieferungen von Veränderungen in Bezug auf den
ehemaligen Zusammenhang der Länder und Meere erzählen,
wird gleichfalls durch viele naturgeschichtliche Thatsachen bestätigt. Aus diesen
ergiebt sich , daß z. B. das schwarze, a s so w t s ch e und ka s p i sch e Meer
ehehtn ein einziges Binnenmeer ausmachten, welches nachher durch das
Emporstetgen der Halbinsel Krimm und der benachbarten Länder getrennt