1849 -
Heidelberg
: Winter
- Autor: Dittmar, Heinrich
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
§. 15. Die Chinesen.
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nach ihrer Einwanderung von dem Westgebirg Kuenlun her, unter
der ersten Dynastie (um die Zeit der Überschwemmung, in welche
von Moses die Sündfluth gesetzt wird), der an Noah erinnernde
Fohi lebte, welchen die Chinesen zugleich als den Erfinder ihrer
Buchstabenschrift verehren. Nachdem die Mythe die Anfänge der
chinesischen Cultur an eine Reihe von acht Regenten geknüpft, be-
ginnt mit dem Jahr 2201 eine lichtere Periode, in welcher der
berühmte Kaiser Uao vorkommt. Die Stifter der dritten Dynastie
sollen 1122 v. Ch. mit einer Colonie aus dem Westen (man ver-
muthet aus Ägypten) gekommen seyn und neue Bildungselemente
mitgebracht haben. — Die eigentliche historische Zeit beginnt jedoch
erst im Jahre 771 mit der Dynastie Tong-tseu, unter welcher
das Reich in viele kleinere Königreiche zerfiel, welche mit einander
häufige Kriege führten.
Bon dem hohen Alter dieses der mongo lisch en Rasse auge-
hörigen Volkes zeugt eine sehr frühe, in materieller Beziehung
h o ch getr ieb ene Cultur, da die vielen großen Wasserwege
dieses Landes den Gewerbfleiß und die Handelsthätigkeit
in hohem Grade anregten. Allein diese Cultur ist sowohl wegen
der einseitigen Naturanlage dieses Volks, als auch durch
die fortwährenden Kämpfe seiner verschiedenen Dynastieen theils mit
einheimischen Fürsten, theils mit den eindringenden T artaren und
Hunnen, schon frühe stehen geblieben und der Chinese seit
Jahrtausenden in geistige Erstarrung verfallen, ob er gleich
den Compaß, das Schießpulver und selbst eine Art Bücher-
druck in früher Zeit schon gekannt, aber nicht zu rechter Entwick-
lung gebracht hat.
Die Sprache und Schrift der Chinesen ist nämlich ein treuer Ab-
druck ihres Wesens. Sie haben nur 450 einsylbige Worte, die durch vier
verschiedene Betonungen 1203 Wortlaute geben, so daß dasselbe Wort, ganz
auf die gleiche Weise ausgesprochen, sehr verschiedene Bedeutungen hat, und bet
manchem der gebräuchlichsten Worte die Zahl der damit ausgedrückten Begriffe
auf 34 steigt, was die Verständigung außerordentlich erschwert. — Ihre
Schrift ist keine alphabetische, sondern besteht aus künstlich zusammengesetzten,
den Begriffen (also den Wörtern, nicht den Lauten) entsprechenden Chiffern,
deren sic an 80,000 haben, wovon nur höchstens die Hälfte in den Wörter-
büchcrn erklärt ist. Solche unentwickelte Sprache und Schrift
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