1849 -
Heidelberg
: Winter
- Autor: Dittmar, Heinrich
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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§. 70. Rom's Entartung.
§. 70.
(56.)
Vorsteher der neuakademischen, der peripatetischen und der stoischen
Schule als Gesandte Athen's in Rom erschienen und durch ihre
gewandten dialectischen Redekünste die jüngern Römer zur Bewun-
derung hinrissen, indem jene über jedes Thema sowohl Für als
Wider mit gleich siegender Beredsamkeit, ohne sich dabei um die
Moral zu bekümmern, sprechen konnten.
Von nun an wandten sich die Römer mit Vorliebe der griechischen Dis-
putirkunst zu, ungeachtet Cato zur Abwendung der Gefahr, von welcher ihm dadurch
die Sittlichkeit und der altrömtsche Character bedroht schien, sämmtliche grie-
chische Philosophen und Redner aus Rom entfernte. Allein der
Reiz der Neuheit und das Bedürfntß der römischen Staatsmänner, denen diese
philosophische Vortragsmethode Nutzen für ihre amtliche Wirksamkeit versprach,
wirkte mächtiger; das Studium der griechischen Philosophie und Beredtsamkeit,
die man sich aus Athen, Rhodus und andern griechischen Städten holte,
nahm zu, und selbst Cato beschäftigte sich noch in seinem hohen Alter mit der
griechischen Literatur, deren Hauptförderer indcß die edcln S c ip i onen waren.
Von den philosophischen Systemen der Griechen gewann in-
deß, wenigstens bei den ernsteren Römern, die stoische Philo-
sophie den meisten Eingang, weil sie ihnen nach dem Verfall der
Religion beim Mangel eines höhern Lichts, doch noch einigen mo-
ralischen Halt bot, während im Allgemeinen der Hellenismus in
Verbinoung mit dem einreißenden Luxus das religiös-sittliche Leben
der Römer untergrub.
4. Nom s Entartung.
1. Die gracchischen Unruhen; der jugurthinische und
cimbrische Krieg.
9^om's Herrschsucht, vom Glücke begünstigt, hatte be-
reits alles Maaß überschritten, und Habsucht und Genuß-
sucht waren dazu getreten, um allmählig das Bild vollendeter
Selbstsucht auszuprägen. Die Bekanntschaft mit der asiatischen
Schwelgerei und Üppigkeit hatte die alte Einfachheit der
Sitten verdrängt, während die nach Rom geschleppten Werke
griechischer Bildung dafür keinen Ersatz geben konnten, da sie nur
den reichen Römern zum Prunke, wenigen unter ihnen zur Aus-
bildung des Geistes dienten. Die Reichthümer, die aus den er-
oberten und ausgebeuteten Ländern nach Rom strömten, hatten
den alten strengen Rechtssinn gebeugt und das errungene