1844 -
Belle-Vue bei Constanz
: Verl.- und Sortimentsbuchh.
- Autor: Bumüller, Johannes
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gymnasium
- Geschlecht (WdK): Jungen
Los
Das Gerichtswesen
Ueber den Adel richtete der König mit den versammelten Standesgenossett
des Angeklagten. Die Strafe (Buße) war eine Geldsumme, Gefängniß, Ver-
bannung, auch der Tod durch Enthauptung. In den Streitigkeiten der Freien
eines Gaues richtete der König oder Gaugraf nach dem Zeugniß der andern
Freien. Alles Gericht war öffentlich und unter freiem Himmel; auf dem Platz
stand gewöhnlich eine Linde. Die niederen Dienstleute brachten ihre Klagen vor
ihren Herren oder dessen Stellvertreter, den Vogt. Ueberall galt dek Grund-
satz: wo kein Kläger ist, da ist auch kein Richter. Der Diebstahl und auch der
Raub, ein sehr häufiges Verbrechen, wurden mit mehrfachem Schadenersatz
gebüßt.
Das Wehrgeld.
So rohe und kräftige Menschen, wie unsere Vorfahren waren, die zudem
immer bewaffnet gingen, ließen sich leicht zu Streit hiureißen , daher Wunden
und Mord gar nicht selten waren. Da galt die Blutrache, d. h. die Angehö-
rigen des Verletzten oder Getödteten ruhten nicht eher, als bis sie dem Thäter
vergolten hatten. Damit aber die Rache sich nicht von Geschlecht zu Geschlecht
forterbe, so konnten solche Verbrechen mit Geld gesühnt werden; das war das
„Wehrgeld/' Dieses war verschieden nach dem Stande des Geschädigten. Für
den Mord eines Freien mußte mehr bezahlt werden, als für den Mord'eines
Nichtfrcien; für einen leibeigenen Sennen oder Handwerker mehr, als für einen
gemeinen Knecht oder Hirten. Ebenso war die Buße für eine schwere Verletzung
höher, als für eine leichte; sie war immerhin hoch genug, daß ein Raufbold
schnell in bittere Armuth oder Leibeigenschaft gerieth. Auch für Hunde, Rosse
u. s. w. bestand ein Wehrgeld, und so war der Herr des Hundes auch verant-
wortlich für den Schaden, den derselbe anrichtete. Schlug oder tödtete ein
Herr seinen eigenen Leibeigenen, so stand darauf keine Strafe, der Herr hatte
ja nur sich selbst geschadet.