1833 -
Meissen Pesth
: Wigand Goedsche
- Autor: Herrmann, August Lebrecht
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gymnasium, Höhere Bildungsanstalt
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
Odoacer und der gleichzeitigen Staaten Gestaltung. 153
rechtigkeit, Weisheit und Güte leuchten demnach aus den Schick-
salen der Völker wie der einzelnen augenfällig hervor.
Odoacer, milden Sinnes und Christ, von dem Glau-
bcnsbekenntnisse des Arius, nahm seinen Wobnsi'tz zu Ravenna ^ r
und herrschte mit Gelindigkeit und Duldung. Die bestehende Ver- §h.
fafsung behielt er bei, stellte sogar das Consular wieder her, ehrte
die Gesetze der vorigen Kaiser,, und ließ die innere Verwaltung
in den Händen der zeitherigen Beamten. Die äußern Angelegen-
1;fiten betrieb er voll Umsicht. Um Sicilien zu schirmen zahlte er
dem Vandalcnkönige Geiserich eine jährliche Abgabe; dem Könige
der Westgothen, Eurich, trat ec Arvernum (Clermont in Auvergne)
ab, und gewann sich dadurch einen friedlichen Nachbar; gegen den
König der Rugier aber, Fel et Heus oder Fava, ergriff er die
Waffen, bezwang ihn in seinem Lande, am linken Ufer der Donau,
jetzt Mahren und Oesireich, und führte ihn, nebst seiner Gattin,
gefangen davon; dem byzantinischen Hofe bewies er eine rücksichts-
volle Aufmerksamkeit; Italien war glücklicher unter diesem, soge-
nannten Barbaren, als zeither unter den schwelgerischen Kaisern.
Das Reich der Westgothen, über 50 Jahre vor Odoa-
cer durch Wal lia begründet, (419) blühete jetzt durch Umfang
und innere Kraft. Aquitanien, d. i. der Landerstrich zwischen der
Garonne und den Pyrenäen, nebst dem größern Theile von Na-
varra und ganz Catalonien, mit der Hauptstadt Toulouse, mach-
ten zuerst das westgothische Reich aus. Allmahlig aber mußten
die früher eingewanderten Su even den gothischen Königen Astu-
rien, Leon, Gallicien, Portugal, Andalusien, das sie den Van-
dalen, daher Van da lusi en, entriffen, abtreten, und sie selbst
verschmolzen mit ihren Ueberwindern. Das Lehenswesen galt, wie
bei allen germanischen Völkern, auch unter den Westgothen. Nach
dem Beispiele der byzantinischen Kaiser umgaben sich die gothischen
Monarchen ebenfalls mit einem glanzenden Hofstaate, und die Hof-
beamten, (Palatini) und Gardingcr, (Leibwachen) bildeten mit
der Zeit einen Adel, der sich die Volksvertretung allein anmaßte.
Toledo ward spater die Residenz der Könige, denn Chlodwig, der
eroberungssüchtige Frankenkönig, schmälerte ihre Besitzungen diffeits
der Pyrenäen bis auf Narbonne oder Languedoc, (507) wofür
sie sich durch die gänzliche Eroberung der Halbinsel entschädigten.
Das westgothische Reich bestand nahe an 300 Jahre, wo 32 Kö-
nige herrschten. Unter Roderich aber eroberten es die Araber
bis auf die nördlichen Provinzen (711), von denen aus die Chri-
sten die eingedrungenen Mahomedaner nach fast 800jahrigem Besitze
abermals vertrieben (1492).
Die Burgunder, vom Stamme der Vandalen, hatten
ihre ersten bekannten Wohnsitze zwischen der Oder und Weichsel,
ia der heutigen Neumark und dem südlichen Theile Westpreußens.
Frühzeitig erbauten sie Dörfer, Burgen, woher vielleicht ihr Na-