1811 -
Halle
: Hemmerde und Schwetschke
- Autor: Remer, Julius August, Voigtel, Traugott Gotthilf
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Akademie, Gymnasium
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): offen für alle
26o Mittlere Geschichte. 2. Zà I. Abschn.
Lehnsträger in seinen Hausstaaten zu Parlements zusammen.
Bey der großen Ausdehnung, welche diese Staaten nachher
erhielten, glichen jene Parlemente einer Reichsversammlung.
Die unmittelbaren Reichsstände ließen sich verleiten, auch dar-
auf zu erscheinen, und erhoben sie dadurch wirklich dazu. Lud-
wig Vi. war der erste König, der, von Suger geleitet, die
Macht der Könige erweiterte. Dieses geschah dadurch, daß er
seine Haus-Vasallen mehr beschränkre, die Losreißung der
Städte von ihren Herren unterstützte, und die Serfs auf seinen
Gütern in Freyheit setzte. Nachdem Philipp August dem K.
Johann von England den größten Theil seiner Staaten in
Frankreich entrissen hatte, verband er diese Eroberungen mit
seinen Hausländern, und wurde dadurch so mächtig, daß er kei-
nen Nebenbuhler seiner Krone mehr zu fürchten hatte. Er ließ
daher seinen Sohn Ludwig Viii. auch nicht mehr zu seinen Leb-
zeiten krönen, und Frankreich wurde nun ein völliges Erbreich.
Philipp August war auch der Erste, der Miethvölker in Sold
nahm und eine stehende Leibwache hatte. Ludwig der Ix. oder
der Heilige bemächtigte sich des Rechts, Civil- und Kriminal-
Gesetze zu geben, und der oberrichterlichen Gewalt, mit größe-
rer Ausdehnung. Philipp Iii. verband die Grafschaft Toulouse
mit seinen Hausstaaten, und Philipp Iv. oder der Schöne er-
heirathete die Grafschaft Champagne. Dieser kluge Tyrann
drückte seine Unterthanen willkürlich, zog einen Theil der Gü-
ter der Tempelherren an sich, und erhob den Herzog von Bre-
tagne zum Pair; rief aber auch den Tiers-Etat oder Bürger-
stand zu den Reichstagen, die Nun Affemblée des états gé-
néraux hießen; gab seinen Gerichtshöfen feste Sitze und bestän-
dige Dauer; und demüthigte nicht nur den Papst, sondern
machte ihn auch zum Werkzeuge seiner Staatsklugheit. Lud-
wig X. gab allen Serfs das Recht, sich loszukaufen; aber sie
haben gleichwohl die Rechte völlig freyer Menschen nie erhalten.
Da Philipp V. den Thron vor Ludwigs X. Tochter behauptete,
so wurde Ausschließung des weiblichen Geschlechts von der Kro-
ne ein Staatsgesetz. Die Könige von Frankreich hatten die
große Vermehrung chrer Gewalt dem zwiefachen Glücke zu dan-
ken, daß der Kapetingische Mannsstamm nicht ausging und daß
sie die Länder so vieler Reichsfürsten mit ihren Hausstaaten ver-
binden konnten.