1811 -
Halle
: Hemmerde und Schwetschke
- Autor: Remer, Julius August, Voigtel, Traugott Gotthilf
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Akademie, Gymnasium
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): offen für alle
4. Kap. Gesetzgebung d. 800 b. 1300. 265
Lehnsträger an sich. In allen deutschen Gerichten war es fester
Grundsatz, daß jedermann von seines Gleichen müsse gerichtet
werden. In Deutschland war der König höchster Richter. Er
saß selbst zu Gericht, und ordnete in den Provinzen Herzoge,
Pfalzgrafen und Grafen. Die Neichsstän^e richtete ein Für-
stenrecht. Alle diese Richter waren ungelehrt; Kanzler und
Schreiber waren Geistliche. Als das römische Recht wieder in
Gang kam, wurden die kaiserlichen Richterstühle mit Rechts-
verständigen besetzt. Friedrich Ii. ordnete zuerst einen Hofrich-
ter. Damahls wurden auch mit dem Anwachse der Städte die
Appellationen an den Kaiser häufiger. In Frankreich fand an-
fangs keine Appellation aus den Gerichten der Lehnsherren,
weder an den obern Lehnsheren noch an den König, Statt.
Unter Philipp August wandte sich zum ersten Mahle ein Vasall
an den königlichen Gerichtshof, und seit dieser Zeit wurden die
Appellationen gewöhnlich. Ludwig der Heilige führte einen or-
dentlichen Appellations-Gang ein, und erklärte den königlichen
Rath für das höchste Gericht. Philipp Iv. gab den Provinzen
beständig sitzende Gerichte, welche man Parlemente nannte.
Das königliche Gericht war auch bey den Angelsachsen das höch-
ste. Der Rechtsspruch der zwölf ebenbürtigen Geschwornen
wird bey mehrern deutschen Nationen gefunden, und ist nicht
von Alfred eingesetzt. Nach Einführung der lehnsherrlichen
Regierungsform waren die Lehnsherren Richter in ihren Lehen;
allein man appellirte doch an den königlichen-Gerichtshof, Er-
chequer genannt. Unter Eduard Iii. wurde die Kings - Dench,
als ein zweyter höchster Gerichtshof, errichtet. In Kastilien
gab Ferdinand Iii. dem Rechte, an den König zu appelliren,
mehrere Festigkeit, und legte durch den königlichen Rath den
Grund zu dem hohen Rathe von Kastilien. In Aragonien wa-
ren auch der Iustiza und sein Gericht ein hohes Appellations-
Gericht , selbst gegen den König. — Der Prozeß behielt an-
fangs seine vorige Gestalt. Der Zweykampf wurde das einzige
Gomsurtheil zwischen waffenfähigen Edeln, und selbst abstrakte
Sätze in der Gesetzgebung und Religion wurden dadurch ent-
schieden. Bey mehrerer Aufklärung und der Wiederbelebung
des römischen Rechts war Ludwig der Heilige der erste, der
den gerichtlichen Zweykampf untersagte. Er hatte zwar viele
Nachfolger, aber diese thörichte und grausame Gewohnheit
hörte doch nicht allgemein auf. Wo das römische Recht einge-
führt wurde, erhielt auch der Prozeß einen gelehrten Gang.
In allen Ländern unterbrach das Recht der Selbsthülfe das ge-