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1. Alte Geschichte - S. 15

1848 - Leipzig : Brandstetter
15 ihnen die höhere moralische Bildung, der wir Europäer, obwohl wir ihnen gar oft an manchen Tugenden und an Fülle des Gemüthes nachstehen, durch die herrschende Versiandesbildung näher sind. Falsch ist es also, zu behaupten, daß Bildung des Geistes und Aufklärung die Menschen schlechter mache; das ist nur bei halber Bildung der Fall, die beim Nützlichen stehen bleibt; zur allseitigen und ganzen Bildung gehört nothwendig Sittlichkeit. Bei dem Streben nach Recht und Billigkeit mußte aber auch der Kampf sichtbar werden, den das Laster und das mit ihm so oft vereinte menschliche Schicksal mit der Tugend führt. Sehr früh konnte der Mensch die Erfahrung machen, daß Tugend nicht immer belohnt, Laster nicht im- mer bestraft werde, der Gute nicht immer glücklich, der Böse nicht immer unglücklich sei. Diese Betrachtung mußte die Seele des Edlen mit Trauer erfüllen, welche ihn im Fortschreiten auf der rechten Bahn wankend hätte machen können, wenn ihn nicht der Gedanke im Guten erhalten hätte, daß seine Tugend höher stehe, als alle vergänglichen Güter dieser Erde; daß der wahre Lohn der Tugend in der Ruhe und Zufriedenheit der Seele besteht, daß der Lasterhafte sie nimmermehr erringen kann, wenn er auch noch so reich mit Lebensgütern überschüttet ist. Wird also auch der Frohsinn des Tugendhaften äußerlich durch tausend Widerwärtigkeiten getrübt, so schwebt doch seine Seele in harmonischer Ruhe;— seine Stimmung heißt Ernst. Dieß ist die Stimmung und der Charakter, in welchem einzele Menschen, wie Priester und Gesetzgeber, Helden und Fürsten, ja selbst edle Frauen aller Zeiten im Volke erscheinen, von der Mit- und Nachwelt als Heilige ver- ehrt werden. Aber wie? gelang es ihnen auch durch ihr erhabenes Bei- spiel, durch Lehre, oder strenge Herrschaft die Menge zur Tugend hinzu- führen? — Gestehen müssen wir es — nur selten war dieß der Fall; meist waren es wieder nur Einzele in dem Volke, in deren empfänglichen Ge- müthern der niedergelegte Same des Guten Wurzel faßte. Die Tugend, welche nicht durch Erkenntniß und Ueberzeugung, sondern durch strenge Lehre oder Herrschergebot in das Leben tritt, ist aber auch nur eine Saat von kurzer Dauer, die mit dem letzten Hauche des Lehrers oder Herrschers welkt, ehe sie noch Frucht getragen hat. H. 11. Aefthetische Bildung. Die Geschichte lehrt uns nur zu oft die traurige Thatsache, daß ganze Völker, in Laster und Sittenlosigkeit oder in Schwäche und Mut- losigkeit versunken, Jahrhunderte lang hoffnungslos ein erbärmliches Leben hinschleppten. Da wird nun der denkende Mensch gemahnt, einzusehen, daß das höhere Wesen, welches die Menschen und alle Welt erschaffen, auch in die Seele des Menschen Kräfte legte, die denselben im Elende emporzu- richten fähig sind.
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