1848 -
Leipzig
: Brandstetter
- Autor: Neudecker, Chr. Gotth., Schröer, Tobias Gottfried
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Privatunterricht, Töchterschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
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den frühesten Zeiten und, wie die heilige Sage berichtet, schon bei dem er-
sten Menschenpaare eine reine Anbetung des alleinigen Gottes, hervorge-
rufen durch die denkende Vernunft, durch das ahnende Gefühl und durcb
den Anblick der ganzen Schöpfung, die in ihrem Zusammenhänge, in ihrer
Ordnung nur einen Zweck und darum auch nur einen Urheber beur-
kundet. Einzele Auserwählte waren es, denen die Offenbarung gegeben
wurde, daß Ein Gott — seinem Wesen nach ein Geist und begabt mit
allen Vollkommenheiten — sei, den man durch Frömmigkeit und Tugend
verehren müsse, der das Laster strafe, den Guten nach dem Tode des Kör-
pers in einen seligen Zustand, den Bösen aber in einen Ort der Qual und
des Schmerzes versetze. Jenem heiligen Wesen errichteten die Menschen
Altäre, und brachten ihm als Opfer der Erkenntlichkeit die besten Erzeug-
nisse ihrer Herden und ihrer Felder. Aber nur Wenige beteten die Gott-
heit also an; selbst in späteren Zeiten, als die Völker aus der ersten Roh-
heit sich erhoben hatten, wollte der Glaube an einen Gott nicht allgemein
werden. Zwar lernte der Mensch, als er einmal seine eigenen Kräfte und
die der Natur besser erkannte, immer mehr einsehen, daß er von den um
sich her befindlichen Gegenständen weniger abhängig sei, weil er viele der-
selben unter seine Gewalt zu bringen wußte, doch seine Aufmerksamkeit
lenkte sich auch auf den Himmel und die glänzenden Gestirne, und er
machte sie zu Gegenständen seiner Anbetung und Verehrung. Zuerst mögen
sich wohl die Nomaden zum Sternendienste gewandt haben, weil doch die
Sterne ihre beständigen Führer auf den Wanderungen waren; wenn sie
Tag und Nacht unter freiem Himmel die Herden weideten, hatten sie ja
Zeit und Muße genug, Sonne und Sterne zu betrachten. Manche Völker-
stämme suchten aber auch das Göttliche im Menschen selbst, und verehrten
tapfere Helden, weise Gesetzgeber und andere Wohlthäter der Menschheit
wie Götter. Die Verehrung solcher ausgezeichneten Menschen stieg nach
dem Tode derselben und die Erzählung von ihren Thaten bildete sich zu
wunderbaren Sagen.
Wie der Mensch die göttliche Offenbarung, die ursprünglich in seinem
Wesen liegt, allmälig bis zur Anbetung Gottes im Geiste und in der
Wahrheit ausgebildet habe, hat uns Jacobs in einer schönen Dichtung
versinnlicht, welche hier ihre Stelle finden mag.
Des Menschen Prüfung.
„Anfänglich wohnte der Mensch bei Gott, und lobte Gott mit den
Geistern des Himmels.
Als aber die Erde geschaffen war, und sie in ihrer grünen, jungfräu-
lichen Herrlichkeit durch den Aether schwamm, und alle Bewohner des Him-
mels sich der Schönen freuten und sie liebend beschauten, sprach der Mensch:
Ich sehe hier die Anmuth und Lieblichkeit eines zweiten Himmels. Ein
reiches Leben drängt sich in diesen Grenzen: Fische wimmeln in den Wässern;