1848 -
Leipzig
: Brandstetter
- Autor: Neudecker, Chr. Gotth., Schröer, Tobias Gottfried
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Privatunterricht, Töchterschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
106
H. 2. Fortsetzung. Ferxes. Themistokles. Leónidas bei
Thermopyla (48v).
Gewiß hätte Darius diesen Schimpf gerächt, wäre er nicht bald dar-
auf mit Tode abgegangen. Er übergab die Rüstungen zu einem neuen
Kriege seinem Sohne und Nachfolger Lerxes, der ein Heer von einer
Million Menschen bewaffnete und mit mehr als 1200 großen Schiffen zehn
Jahre nach der Schlacht bei Marathon nach Europa kam (480 v. Ehr.).
Aber die Griechen erschraken vor einer solchen Uebermacht nicht und rüste-
ten sich gegen dieselbe. In Corinth versammelten sich die Abgeordneten
aller Staaten Griechenlands und beschlossen, alle waffenfähige Mannschaft
und alle Schiffe nach Athen zu senden, denn man sah voraus, daß der
Hauptangriff der Feinde auf diese Stadt geschehen werde. Allein die Perser
kamen früher, als das Heer und die Flotte beisammen war. Nur die La-
cedämonier, welche diesmal die Ersten waren, kamen unter ihrem Könige
Leónidas 400 Mann stark. Zu ihnen gesellten sich noch 7000 andere
Griechen, und weil man hörte, daß die Landmacht der Perser über Mace-
donien und Thessalien heranziehe, stellten sie sich bei den Thermopylen
auf, — einem Engpaffe oder Gebirgswege, der zwischen hohen und steilen
Bergen und dem Meere hinlief und die einzige Straße bildete, die nach
Griechenland führte. Hier konnte wohl eine kleine Schaar das Eindringen
einer größeren verwehren; allein das zahllose Heer der Perser hier aufhal-
ten zu wollen, konnte nur als ein Wagestück von beispielloser Kühnheit er-
scheinen.
In Athen selbst herrschte eine große Bewegung; in der Verwirrung
wußte man nicht, was für die Stadt in dieser nahen Gefahr zu thun sei. Da
sandte man nach Delphi und fragte das Orakel um Rath; dieses gab zur
Antwort: „Athen solle sich mit hölzernen Mauern vertheidigen." Damals
lebte in Athen Themistokles, ein kriegslustiger und staatskluger, aber
ehrgeiziger Mann, durch den auch der redliche Aristides aus Athen ver-
trieben worden war, weil er allein das größte Ansehen beim Volke besitzen
wollte. Er deutete die Worte des Orakels dahin, daß man die Stadt ver-
lassen und sich aus die Schiffe begeben solle, denn dieß seien die hölzernen
Mauern, welche das Orakel meine. Sein Rath wurde angenommen. Als
nun die Nachricht kam, daß die Perser in Thessalien eingefallen seien, wur-
den Weiber und Kinder nebst aller beweglichen Habe auf die Insel Sala-
mis gebracht, die waffenfähige Mannschaft schiffte sich auf der Kriegsflotte
ein, und nur Priester und Greise blieben zum Schutze der Götter und
Tempel in der Stadt zurück. Nicht ohne Wehklagen konnte dieß Alles
vor sich gehen, und die Männer von Athen, von Wehmuth bei dem Ab-
schiede von den Ihrigen ergriffen, konnten nur durch Themistokles und die
übrigen Helden von Marathon beruhigt werden. Jetzt kamen auch die