1848 -
Leipzig
: Brandstetter
- Autor: Neudecker, Chr. Gotth., Schröer, Tobias Gottfried
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Privatunterricht, Töchterschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
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§♦ 4. Das Triumvirat.
Doch Volksgunst hat selten Bestand. Cicero hatte kaurn das Con-
sulat niedergelegt, als neue Ereigniste das Andenken an die jüngst über-
wundene Gefahr verwischten. Pompejus kam aus Asien zurück und hielt
zwei Tage lang einen Triumph, der alle Pracht vormaliger Triumphe über-
bot. Zwei Könige, der jüngere Tigranes und Aristobul, deren Ge-
mahlinnen und Kinder, sowie die hinterlafsenen Familienglieder des Mi-
thridates schmückten den Aufzug. Bei demselben waren 250 Wagen mit
griechischen Kunstwerken, und auf dem Verzeichnisse der Siege las man die
Namen von mehr als 15 eroberten Königreichen, 1000 Festungen, 000 Städ-
ten, 800 Kriegsschiffen, von 399 wieder aufgebauten und bevölkerten Städ-
ten; die Zahl der Gefangenen war auf 2 Millionen angegeben. Zeder
Soldat bekam über 300 Reichsthaler unseres Geldes, und dennoch über-
lieferte Pompejus, der gewiß seinen Theil auch zurückbehalten hatte, dem
öffentlichen Schatze gegen 25 Millionen Reichsthaler. Kein Wunder, wenn
dieß Alles den Pompejus stolz machte, daß er sogar seinem Freunde Cicero,
der ihm eigentlich zu der Feldherrenstelle verholfen hatte, kaltsinnig begegnete
und von dem großen Verdienste desselben ganz ohne Beifall und Theilnahme
sprach. Ebenso wußte Cäsar das Volk bald vergessen zu machen, daß er
im Verdachte gestanden hatte, ein Mitwisser der Verschwörung Catilina's
gewesen zu sein. Er fuhr fort durch Leutseligkeit und Freigebigkeit die
Augen des großen Haufens auf sich zu ziehen, indem er zugleich die wah-
ren Patrioten im Senate, besonders den Cicero, Cato und Catulus dadurch
sicher machte, daß er mehr noch als ehedem blos dem geselligen Vergnügen
lebte und sich darin zu gefallen schien, in gewähltem Anzuge und mit ge-
kräuseltem Haare von Haus zu Haus zu laufen, um schönen Frauen auf-
zuwarten. Plötzlich aber that er einen Schritt, der seine herrschsüchtigen
Plane deutlich verrieth. Die Oberpriesterstelle ward erledigt; nur ältere
Männer, die sich schon Verdienste um den Staat erworben hatten, pflegten
um sie anzuhalten, doch Cäsar beschloß, Alles in Bewegung zu setzen, um
diese Würde zu erhalten, sollte es auch zu einem Volksaufstande kommen.
Als er an dem Wahltage auf den Markt ging und von seiner Mutter
schied, die Unglück befürchtete und ihn mit Thränen entließ, sprach er
mit fester Stimme: „Heute wirst Du, liebe Mutter, Deinen Sohn ent-
weder als Oberpriester, oder als Verbannten sehen." Und wirklich sahen
die Männer der Republik an diesem Tage mit Schrecken, in welchem Grade
dieser junge Mann die Liebe des Volkes besaß: — er wurde beinahe ein-
stimmig zum Oberpriester erwählt. Auch Pompejus und Crassus, die bis-
her das meiste Gewicht im Staate hatten, suchten von nun an seine Freund-
schaft, weil sie sich nicht zutrauten, ihn bei dem Volke mit ihrem Ansehen
zu überbieten. Das Jahr darauf erlangte Cäsar die Statthalterschaft von