1848 -
Leipzig
: Brandstetter
- Autor: Neudecker, Chr. Gotth., Schröer, Tobias Gottfried
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Privatunterricht, Töchterschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
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unter den Christen, die schon damals sehr zahlreich waren und auch häufig
im Kriegsheere dienten, mehr Tugend und Tapferkeit zu finden war, als
bei den Heiden. Darum beschloß er, der christlichen Kirche alle Freiheit zu
geben, und durch die christliche Religion die stockenden Triebräder des römischen
Staates wieder in Gang zu bringen. Als er nun gegen den Mitkaiser
Maxentins, der in Rom residirte, zu Felde zog, benutzte er, wie es
scheint, ein feuriges Meteor, das sich am Himmel in der Gestalt eines
Kreuzes zeigte, auf folgende Weise. Er behauptete in einer Anrede an das
Kriegsheer, in welchem die Mehrzahl Christen waren, er habe in dem Kreuze
die Worte gelesen: „Mit diesem Zeichen wirst du siegen!" Seine Rede
verfehlte die Wirkung nicht; die Christen, welche schon damals viel auf
Wunder hielten, glaubten mit Gewißheit, daß ihnen der Heiland beistehen
werde, stürzten sich begeistert auf den Feind und rissen ihre heidnischen
Kameraden mit fort, so daß nach einer blutigen Schlacht ein herrlicher
Sieg erfochten wurde. Maxentius stürzte auf der Flucht mit der zusam-
menbrechenden Brücke in die Tiber und Constantin zog als Sieger in Rom
ein. Glücklich hatte der andere Mitkaiser, Licinius, die Cäsaren im
Morgenlande besiegt und sich durch die Vermählung mit Constantin's
Schwester diesem befreundet. Beide erließen im Jahre 313 zu Mailand
das kaiserliche Edict: „jeder dürfe sich zu der Religion bekennen, die er
für die wahre halte, damit jede Gottheit, die unter ihrer Herrschaft ange-
betet würde, ihnen gnädig sei; jedermann könne auch das Christenthum frei
bekennen. Die allgemeine Religionsfreiheit sei für die öffentliche Ruhe
zweckmäßig. Alle den Christen abgenommenen Bethäuser sollten ihnen wieder
zurückgegeben werden."
Zehn Jahre regierten Constantin und Licinius gemeinschaftlich, jener
aber hatte seinen Plan, Alleinherrscher zu werden, nicht aufgegeben, und
jetzt kam es zu Mißhelligkeiten und zum Kriege zwischen Beiden. Constantin
besiegte auch seinen Schwager und wies demselben den Aufenthalt zu Thes-
salonich unter strenger Aufsicht an. Nun erst (im I. 323) war Constantin
Alleinherrscher und konnte seine weitaussehenden Pläne durchsetzen. Er-
richtete seinen Hof und seine Negierung auf morgenländische Weise ein,
setzte Statthalter in alle Provinzen, aber ohne ein Kriegsheer ihnen beizu-
geben, denn dieses wollte er in seiner Gewalt behalten. Er stellte es daher
unter besondere Feldherren. Die kaiserliche Residenz verlegte er auf immer
von Nom nach Byzanz, das er prächtig aufbauen ließ, Neu-Nom genannt
wissen wollte, aber den Namen Constantinopel erhielt. Sieben Mi-
nister bildeten den inneren und geheimen Rath, der Hof selbst, von einer
großen Zahl hoher und niederer Diener besetzt, war glänzend und prächtig,
die Abgaben aber wurden immer drückender und die Beamten, welche sie
eintrieben, brauchten den größten Theil derselben für sich. Dadurch erhielt
sich Constantin ein Heer besoldeter Machthaber, die gleich den Soldaten
seine Herrschaft stützten, weil ihr eigener Vortheil auf's Engste damit